Großbritannien

Ein Tag in Manchester

Im Stadtteil Castlefield mit seinen Kanälen und Eisenbahntrassen schlug das Herz der Textilstadt Manchester im 19. Jahrhundert

Im Stadtteil Castlefield mit seinen Kanälen und Eisenbahntrassen schlug das Herz der Textilstadt Manchester im 19. Jahrhundert. Foto: Marketing Manchester

Die Stadt in Nordengland ist für deutsche Urlauber ein eher unbekanntes Ziel – dabei ist sie unbedingt eine Reise wert

Ein wahres Schmuckstück ist die neogotische John Rylands Library

Ein wahres Schmuckstück ist die neogotische John Rylands Library. Foto: Marketing Manchester

ta-Redakteurin Julia Treuherz beim Afternoon Tea im Cloud 23

ta-Redakteurin Julia Treuherz beim Afternoon Tea im Cloud 23. Foto: ah

Der Morgen beginnt mit einem getoasteten Bagel mit Erdbeermarmelade und einem Avocado-Toast auf pochiertem Ei. Eine gute Grundlage braucht man nämlich für einen Tag in Manchester. Das sympathische Federal Cafe liegt an einer der Hauptstraßen der Stadt, Deansgate, und ist ein guter Ausgangspunkt zur Erkundung der Metropole im Nordwesten Englands.

Unser Weg führt uns zunächst ins historische Viertel Castlefield, benannt nach einem Römerfort, dessen Ruinen noch heute zu sehen sind. Ein Netzwerk an Kanälen durchzieht den Stadtteil, bunt gestrichene Hausboote liegen am Ufer und in Hafenbecken vertäut.

Hier schlug einst das Herz des industriellen Manchesters, das sich im 19. Jahrhundert durch den Import von Baumwolle zur führenden Industriestadt in England entwickelte. In den sanierten Backsteingebäuden haben sich heute etliche Pubs und Restaurants angesiedelt, viele haben Außenbereiche am Wasser, so dass hier abends jede Menge los ist.

Wir spazieren an den Kanälen entlang bis zum Imperial War Museum North, einem kühnen, vom berühmten Architekten Daniel Libeskind entworfenen Bau, dessen Aluminium-verkleidetes Äußeres im hellen Licht des Vormittags glänzt. Die eindrucksvolle Dauerausstellung im Innern des Museums zeigt die Kriegshistorie vom Ersten Weltkrieg bis heute.

Froh, wieder in der Sonne zu sein, laufen wir entlang der Salford Quays am Manchester Ship Canal zurück in Richtung Innenstadt. Diese hat sich nach einem Bombenattentat der IRA im Jahr 1996, das zahlreiche Gebäude im Zentrum zerstörte, ein neues, modernes Gesicht gegeben. Hier sind Shopping-Fans richtig, für sie ist Manchester ein wahres Paradies. Große internationale Ketten sind vertreten, allein im Arndale Centre finden sich mehr als 200 Geschäfte. Alles lässt sich fußläufig gut erreichen.

Ein anderes Shopping-Erlebnis bietet das „Kaufhaus“ Afflecks im hippen Northern Quarter. In dem Viertel mit kleinen Geschäften und Galerien ist die Alternativszene zuhause, die in Manchester eine wichtige und sichtbare Rolle spielt. So kommen etwa zahlreiche weltbekannte Bands aus der fünftgrößten Stadt Englands, darunter Oasis, The Smiths und Joy Division.

Das Afflecks ist in einem alten Warenhaus untergebracht. Auf drei Stockwerken findet sich ein buntes Sammelsurium aus Flohmarktständen und Läden. So kann der Besucher in Klamottenläden eine Zeitreise durch die Stile der vergangenen Jahrzehnte unternehmen – von Petticoats über bunte Schlaghosen bis hin zum Goth-Outfit. Man kann sich aber auch piercen oder tätowieren lassen, ausgefallenen Schmuck kaufen oder dem letzten Musik-Kassettenladen in Großbritannien einen Besuch abstatten.

Zurück in der City warten zwei Top-Sehens‧würdigkeiten auf uns, bevor wir uns dem – im wahrsten Sinne des Wortes – Höhepunkt des Tages nähern. Zum einen die mittelalterliche Kathedrale, deren spätgotisches Inneres gelungen mit den Buntglasfenstern aus dem 20. Jahrhundert kontrastiert.

Zum anderen die John Rylands Library, ein Schmuckstück im Stil der viktorianischen Gotik. Die Bibliothek ist die Stiftung der Witwe des Baumwollfabrikanten John Rylands und beherbergt tausende Bücher und Handschriften. Im Lesesaal mit seinem dunklen Holz und bunten Buchrücken hinter Glas fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt – nur dass die Leute, die hier an den Tischen sitzen und in die Lektüre vertieft sind, moderne Kleidung tragen.

Jetzt geht es aber hoch hinaus. Ein Aufzug bringt uns hinauf in den 23. Stock des Beetham Towers. Nach so vielen Kilometern zu Fuß haben wir uns den Afternoon Tea im Cloud 23, eine Mischung aus schickem Restaurant und angesagter Bar, redlich verdient. Eine Etagere voll beladen mit Sandwiches, Scones und Kuchen wartet bereits. Und während wir genüsslich kauen und unseren Tee schlürfen, wandert der Blick über die Metropole zu unseren Füßen bis hin zu den Bergen der Pennines am Horizont.

Unser Tag endet – natürlich – in einem Pub. Im Old Wellington, gleich neben der Kathedrale, erwartet Besucher hinter einer Fachwerkfassade ein uriges Ambiente – und das ein oder andere Pint. Als wir auf den Tag anstoßen, sind wir uns einig, dass wir unbedingt wiederkommen müssen. Schließlich gibt es noch die Town Hall zu besichtigen, die City Art Gallery, das National Football Museum, das Kulturzentrum The Lowry, Chinatown und und und…

Julia Treuherz
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