In Kappadokien lohnt nicht nur eine Fahrt im bunten Heißluftballon
Das hätte sich Latif Acar damals nicht träumen lassen: An einem sonnigen Tag im Jahr 1972 inspiziert der anatolische Bauer seine Felder und wundert sich, warum das Gießwasser so schnell im Boden versickert. Er geht der Sache buchstäblich auf den Grund, gräbt und entdeckt eine große Kammer unter seinem bestellten Feld. Weitere Ausgrabungen unter der Leitung der benachbarten Stadt Özkonak folgen. Schnell wird klar: Unter Acars Feld befindet sich eine komplette Stadt, die vor mehr als eintausend Jahren geschaffen wurde.
Zeitsprung in die Gegenwart: Latif Acar unterhält in seinem Souvenirgeschäft eine Gruppe Kappadokien-Urlauber. Die Tätigkeit als Bauer hat der alte Mann längst aufgegeben. Nach der archäologischen Entdeckung übernahm der türkische Staat Acars Land und entschädigte ihn finanziell. Er erhielt die Erlaubnis, in direkter Nachbarschaft zum Fundort Souvenirs zu verkaufen. Und das macht die Familie Acar bis heute. Neben Latif tummeln sich seine Tochter und diverse Enkel im Geschäft, das neben Nippes wie Kühlschrankmagneten auch Fachliteratur über den Fundort feilbietet. Acar freut sich über die Aufmerksamkeit. Bei einem Tässchen Pfefferminztee erzählt er von seinem unwahrscheinlichen Fund und seiner Rolle als ungewollter Indiana Jones vor mehr als 50 Jahren.
Özkonak ist seit 1973 ein beliebtes Touristenziel
Seit 1973 reisen Touristen nach Özkonak in der Zentraltürkei und besuchen die unterirdische Stadt. Sie wurde in den Nordhang des Idis-Bergs gegraben, sehr tief in die Erde. Bis zu 40 Meter tief reicht die zehn Stockwerke umfassende Stadt. Sie wurde höchstwahrscheinlich von den Byzantinern errichtet, um sich bei Überfällen von arabischen Invasoren zu verstecken. Dann floh die Bevölkerung unter die Erde. Auch das Vieh war dabei, in den Katakomben gab es auch Ställe. Es klingt unglaublich: Mehrere tausend Menschen und Tiere konnten über Wochen in der unterirdischen Stadt ausharren.
Heute erkunden Touristen die Bunkeranlage – vier Stockwerke sind zugänglich. Die Räume und Kammern sind mit engen und kurvenreichen Tunneln verbunden. Gäste müssen sich auf ihrer Entdeckungstour häufig ducken, sie kriechen und krabbeln durch die Jahrhunderte alten Gänge und fühlen sich dabei wie Abenteurer. Die verschlungenen Verbindungstunnel nehmen gefühlt kein Ende. Wer unter Platzangst leidet, sollte sich den Besuch unter der Erde sparen. Alle anderen erwartet ein faszinierender, wenn auch beklemmender Gang in die Vergangenheit bei etwas muffiger Luftzufuhr.
Drei unterirdische Städte für Touristen geöffnet
Die unterirdische Stadt von Özkonak ist in Kappadokien keine Rarität. Knapp 200 solcher Städte wurden bis heute in der Region entdeckt, die ersten in den 1960er-Jahren. Heute sind drei dieser Städte für Touristen geöffnet. Neben Özkonak lohnen Besuche der weitaus größeren unterirdischen Städte Derinkuyu und Kaymakli.
Überflügelt werden diese touristischen Attraktionen durch die wohl beliebteste Aktivität Kappadokiens: die Fahrt in einem Heißluftballon. Aus der Vogelperspektive lässt sich die riesige Caldera, die vegetationsarme Vertiefung vulkanischen Ursprungs, auf spektakuläre Weise erleben. Damit die Ballons aufsteigen können, müssen Wind, Wetter und Temperaturen mitspielen. Diese Rahmenbedingungen passen an gut 200 Tagen im Jahr. Dann wird der Luftraum über der Hochebene mit unzähligen bunten Heißluftballons geflutet.
Auch bei uns stimmen die klimatischen Voraussetzungen: Wir starten frühmorgens von unserem Höhlenhotel in Ortahisar in die Steppe, wo die Körbe der Ballons einstiegsbereit auf uns warten. Mithilfe von Propangas und Brenner steigen wir an einem kühlen Dezembertag recht flott auf mehr als 1.000 Meter in die Höhe. Wir überfliegen das Devren-Tal und genießen den Blick auf die Schneebedeckten Feenkamine. Einer der Ballonfahrer berichtet, dass mit uns mehr als 150 Ballons zeitgleich über das aus der Luft fast märchenhaft anmutende Kappadokien hinweg gleiten. Wahnsinn, denken wir, wissen aber auch, dass unter der Erde eine weitere spannende Welt auf Besucher wartet.
Nach Kappadokien mit Bentour
Bentour Reisen hat in diesem Jahr erstmals den 30-seitigen Magalog „Kappadokien erleben“ aufgelegt. Die Broschüre ist Ende Februar erschienen, bietet ausgewählte Hotels wie das Exedra Hotel Cappadocia in Ortahisar und das Fresco Cave Suites & Mansions in Ürgüp, die beide auch die beliebten Höhlenzimmer im Angebot haben. Darüber hinaus bietet der Katalog zwei- bis fünftägige Aufenthalte. Auch individuelle Ausflugsmöglichkeiten werden vorgestellt. Für Kunden, die Kappadokien mit weiteren Zielen in der Türkei verbinden möchten, gibt es Kombimöglichkeiten mit Antalya, Didim oder auch der Rundreise „Lykischer Weg“.