Malediven

Sanfte Giganten

Malediven: Die Begegnung mit Walhaien ist auch für ungeübte Schnorchler ein Highlight

Wie ein Berserker flitzt Mohammed durch die Wellen. Seit gut einer Stunde ist das kleine Motorboot unterwegs, längst gibt es keine Inseln oder Felsen mehr, an denen sich das Auge festhalten könnte. Auch die schwarzen Delfine, die touristenwirksam einer nach dem anderen durch die Wellen springen, sind nur einen kurzen Stopp wert, bevor Mohammed den Steuerknüppel wieder an sich zieht. Zwei weitere Angestellte des Diva Resorts im Ari-Atoll stehen derweil Ausschau haltend aufrecht an der Reling und erwecken einen höchst seemännischen Eindruck.

Der eigene Blick in die stahlgrauen Fluten ist ernüchternd: Wie um Himmels willen kann ein Mensch hier irgendwas erkennen? Dann ein Aufschrei, einer der Angestellten hechtet ins Meer und reckt kurze Zeit später den Arm mit einem O.K.-Zeichen aus dem Wasser. Gefunden. Walhaie.

Dann heißt es Taucherbrille aufstülpen und blitzschnell ins Wasser. Man muss es gleich sagen: Kein Bild, keine Erzählung kann den Schnorchler auf die erste Begegnung vorbereiten. Walhaie sind riesig. Und wüsste man nicht genau (wirklich? fragt eine leise Stimme im Kopf), dass sie Plankton-Fresser sind, es wäre wahrlich furchterregend. Bis zu zwölf Meter werden die grauen Giganten lang. Vom Menschen unbeeindruckt, ziehen sie mit geöffnetem Maul durchs Meer und filtern das Plankton aus dem Wasser.

Natürliche Feinde haben die Walhaie schon aus Gewichtsgründen nicht. Selbst der versehentliche Sprung direkt neben die Schnauze kann sie nicht stören. Ein kurzes Blinzeln mit den fast blinden Augen, dann geht es weiter. Nur der vorwitzige Taucher, der sich bis an die Schwanzspitze vorwagt, wird mit einem kräftigen Schlag vertrieben. Nach einigen Minuten hat der Gigant den Rummel satt und taucht in tiefere Regionen ab. Auch die Motorboote legen wieder los, weitersuchen.

Die größten Fische der Welt sind nicht nur kilomäßig, sondern auch touristisch gesehen echte Schwergewichte. Kaum eine Tour beeindruckt die Reisenden so nachhaltig, wie die Begegnung mit dem Walhai. Wie viele es davon weltweit noch gibt, ist unklar, sicher ist jedoch, so der WWF Deutschland, dass die Riesenfische in Asien viel zu oft auf der Speisekarte auftauchen.

Umso erstaunlicher, dass Mohammed gleich dreimal fündig wird und alle drei Exemplare sich neugierig ein paar Minuten von den Schnorchlern umschwimmen lassen. Zehn glücklich-erschöpfte Chinesen und fünf grinsende Franzosen, die Unterwasser-Einwegkamera an die Brust gepresst, bringt das Boot am Mittag zurück zum Resort. Mit diesen Aufnahmen lässt sich auch ein schläfriger Diaabend noch aufpeppen.
Françoise Hauser