Martinique

Martinique: Karibisches Europa

Ein sehr buntes Stück Frankreich in den Tropen

Umherschwirrende Kolibris, die an beinahe jeder Blüte in der Luft stehend einen Tankstopp einlegen, sind ein echtes Erkennungsmerkmal für die Karibikinsel Martinique.

Bei Karibik denkt jeder sofort an Palmen, Sonne und Strand. Doch Martinique zählt nicht zu diesen Robinson-Eilanden mit Hängematten- und Kokos-Cocktail-Postkartenmotiv. Denn Martinique ist dicht besiedelt, um die Hauptstadt Fort-de-France gibt es werktags früh und abends sogar Stau.

Rum nicht nur fürs Mutterland
Im Norden zeigt sich die Insel abwechslungsreich: bergig, regnerisch, mit üppigem Regenwald und vom Mont Pelee gekrönt, einem knapp 1.400 Meter ‧hohen, noch aktiven Vulkan wie aus dem Bilderbuch.

Der Süden mit seinen Sandstränden ist hingegen eher trocken und flach. Im Westen lädt die Karibische See zum Baden ein, im Osten ist der raue Atlantik. Und dazwischen tut sich einiges.

Es wachsen vor allem Bananen sowie Zuckerrohr, das ausschließlich für die Rumherstellung angebaut wird. Acht Rumbrennereien gibt es noch auf der Insel, die Destillerie Depaz liegt nördlich von Le Carbet, wo die Natur ein grüner Garten Eden ist und die Pitons du Carbet spitz in den Himmel ragen.

„Klassischer Rum wird aus Melasse gebrannt, dem süßen Abwasser der Zuckerproduktion“, rümpft Depaz-Managerin Christine die Nase. „Wir aber destillieren aus reinem und frisch gepresstem Zuckerrohrsaft.“

Gerade mal zwei Prozent der Weltproduktion werden auf diese Weise von einem Dutzend Landgüter auf Martinique und der ebenfalls zu Frankreich gehörenden Karibikinsel Guadeloupe erzeugt. Die Dampfmaschine der Depaz-Brennerei diente früher für die Versorgung des Wasserfalls von Versailles.

Irgendwie scheint hier alles, von der Dampfmaschine bis zum Hosenknopf, aus dem Mutterland zu stammen. Frankreich pumpt Milliarden in das Übersee-Departement.
Martinique entsendet vier Vertreter in die französische Nationalversammlung, ist Teil der Europäischen Union und der Euro das gesetzliche Zahlungsmittel. Die Einreise erfolgt auch für Deutsche per Personalausweis.

Neu im Condor-Winterflugplan
Und die Insel insgesamt wirkt wie ein kleines, sehr buntes Stück Frankreich in den Tropen. Auch der Blick in den Supermarkt belegt es. Fast alle Waren sind bekannt – und deutlich teurer als in Europa.

Zucker regierte für lange Zeit – und vor der Banane, die heute 40 Prozent der Exporterlöse erwirtschaftet – das Leben auf den Kleinen Antillen, zu denen Martinique wie seine unmittelbaren Nachbarn Dominica und St. Lucia gehört.

Die Inhaber der großen Plantagen bestimmten das politische und soziale Leben, obwohl sie oft weit weg in Paris residierten und ihre Besitztümer von Verwaltern vor Ort führen ließen. Heute hat Martinique das höchste Bruttoinlandsprodukt aller karibischen Staaten und die Fremden sind zu 80 Prozent Landsleute: Touristen aus Frankreich. Bisher.

Denn seit diesem Winter fliegt Condor jeweils donnerstags von Frankfurt aus auf die Karibikinsel und die deutschen Veranstalter haben ihr Programm entsprechend ausgebaut.

Jochen Müssig