Guatemala

Bei Mayas zu Hause

Das Gemeindeprojekt Aventura Maya K’iche ist buchbar bei Geoplan

In Gemeindeprojekten profitiert auch die arme Landbevölkerung vom Tourismus

Miguel Hernandez an seinem Webstuhl. Fotos: og

Markttag in San Francisco El Alto, einem Dorf von Bauern und Webern im Hochland Guatemalas: Männer mit Stoffballen, Jungen mit Schubkarren voller Erdnüsse und ‧Frauen mit dicken Taschen schieben sich durch die engen Gassen. Rauchschwaden quellen aus Auspuffrohren ausrangierter amerikanischer Schulbusse, Salsa-Musik dröhnt aus dicken Boxen, der stetige Singsang eines Predigers aus dem Megafon.

Es stapeln sich Keramik, Trockenfleisch, Altkleider und ausgetretene Schuhe, Säcke mit Bohnen, Linsen und Chilis, getrocknete Shrimps und Maiskolben in Gelb, Blau und Rot. Wer früh genug kommt, wird zudem Zeuge eines traditionellen Viehmarktes, bei dem Frauen in schönen rosaroten Trachten stoisch mit Ferkeln an der Leine auf Käufer warten. Dazwischen tummeln sich Schafe, Ziegen und Rinder.

Touristen kommen hier nur auf Stippvisite vorbei. Doch in vielen Gemeinden können sie im Rahmen von Community-Projekten auch länger bleiben. Zum Beispiel beim 54-jährigen Miguel Hernandez und seiner Ehefrau Raquel. Als Teilnehmer des Projekts „Aventura Maya K’iche“ in Totonicapan nimmt das Paar schon seit über 20 Jahren regelmäßig Gäste auf – mit gemeinsamem Abendessen und langen Gesprächen am wärmenden Ofen.

Regen prasselt auf das Wellblechdach ihres einfachen Hauses aus Lehm und Stein, eine Katze sitzt in der Küche. Ein 95 Jahre alter Webstuhl steht im Wohnzimmer – Miguel ist Weber in siebter Generation. „Ich musste schon als Kind unzählige Muster auswendig lernen“, erklärt er. „Sie wurden über Jahrhunderte mündlich weitergegeben.“

Gemeindeprojekte wie „Aventura Maya K’iche“ bilden bisher nur eine winzige Nische in Guatemala. Das Gros der Besucher strömt an den Atitlan-See, in die Kolonialstadt Antigua, nach Chichicaste‧nango und in die Maya-Ausgrabung Tikal. Umso stolzer ist Miguel: „Die Touristen bringen die Welt in unser Haus“, sagt er. Und neue Ideen: „Wir passen jetzt viel mehr auf die Umwelt auf, alles ist viel sauberer.“

Das Projekt hat seine Wurzeln wie viele andere auch in einer Handwerkerkooperative und im Fair Trade. Inzwischen zählt es rund 40 Teilnehmer: Kunsthandwerker, Musiker, Tänzer, Köche – und einen Maya-Priester: Am nächsten Morgen kommt Obispo Gregorio Garcia zu Besuch. Der Indigena mit Lachfalten im ganzen Gesicht ist ein geistiger Führer seines Volkes.

Garcia breitet Zettel auf dem Tisch aus – mit Symbolen, die wie Gesichter aussehen: „Das sind die 20 Tage des Maya-Kalenders“, erklärt er und gibt seinen Zuhörern einen Rundumschlag in Maya-Philosophie. Seine Offenheit gegenüber ausländischen Besuchern ist bemerkenswert – doch er findet es selbstverständlich: „Es wäre doch egoistisch, wenn ich mein Wissen mit ins Grab nehmen würde.“
 

Oliver Gerhard