St. Vincent und die Grenadinen

Unbekannte Vielfalt

Kleiner Hafen und hügeliges Umland auf St. Vincent. Foto: cd

St. Vincent und die Grenadinen sind Inseln für Entdecker geblieben

„Saint Vincent und die was?“, fragen Freunde, denen wir von unseren Plänen erzählen. Das ist gut so. Denn ein Reiseziel, das nicht auf Anhieb bekannt ist, kann so verdorben noch nicht sein.

St. Vincent bildet mit den mehr als dreißig Grenadinen-Eilanden seit 1979 einen eigenen Staat. Der Archipel zählt zu den „Inseln über dem Wind“, die zu den Kleinen Antillen in der südlichen Karibik gehören. Wegen ihrer dichten grünen Vegetation wird St. Vincent auch Smaragdinsel genannt. Für grüne Landschaft braucht man Regen, und gleich am ersten Urlaubstag regnet es in Strömen. Dicke Wolken ballen sich am Himmel.

Rauf auf den Vulkan
„Hat euch denn niemand gesagt, dass gerade Vollmond ist? Da ist immer schlechtes Wetter“, kommentiert Wanderführer Edwin das Ansinnen, den Vulkan Soufriere zu besteigen. Wir gehen trotzdem los. Zum Glück hört der Regen bald auf und kurz vor dem Gipfel reißt endlich der Himmel auf. Das Panorama vom Kraterrand des Vulkans ist atemberaubend und entschädigt für die Mühe des langen Anstiegs in feucht-warmer Tropenluft.

Am nächsten Morgen strahlt die Sonne vom Himmel. Die meisten Strände der Insel sind dunkel und glitzern im Licht. „Black is beautiful“, grinst Chauffeur Sydney. Die Straße gleicht einer Achterbahn, rauf und runter. Endlich treffen wir in Wallilabou Bay an der Westküste ein – mitten in einer Filmkulisse zum Kino-Hit „Fluch der Karibik“.

Nach dem Ende der Dreharbeiten hat man einfach alle Ausstattung von „Port Royal“ zurückgelassen. Die Kulissen, in denen Johnny Depp herumturnte, sind zum Spielplatz der einheimischen Jugendlichen geworden. Der nun schon halb zerfallene Landungssteg? Prima als Sprungbrett geeignet! Wunderbare Erfrischung bieten die nahe gelegenen Doppelwasserfälle der Dark View Falls.

Mustique für Schöne und Reiche
Wer die anderen Eilande des Archipels besuchen will, kann für wenig Geld mit der Fähre auf die kleine Schwesterinsel Bequia mit ihren langen weißen Sandstränden übersetzen. Oder mit einem Kleinflugzeug in zwanzig Minuten nach Mustique jetten, wo die Reichen und Schönen meist unter sich sind, aber selbst die Taxifahrer einen Sir Mick Jagger einfach nur „Mick“ nennen. Oder man bucht einen Segel-Tagestörn zu den Tobago Cays: Unzählige, oft unbewohnte Robinson-Eilande, umschmeichelt von einem Meerblau, wie man es wohl so intensiv nirgendwo sonst in der Welt gesehen hat.

St. Vincent ist eine freigiebige Insel. „Alles, was auf dem Boden liegt, darf man sich nehmen, egal, ob Blüte oder Frucht“, sagt Errol Keane, der uns nahe der Hauptstadt durch den ältesten Botanischen Garten der westlichen Hemisphäre manövriert. Der passionierte Botaniker kennt alle Nutzungsarten der einheimischen Flora. Zitronengras vertreibt die Moskitos. Der Sandpapierbusch ist prima zur Nagelpflege. Und mit Zimtblättern und Ingwer lässt sich der perfekte Anti-Kater-Tee brauen.
 

Claudia Diemar