USA

USA: Wo der Sand rostet

Schöne Aussicht auf den Red Rock Canyon mit seinen rot-weißen Felsen

Der Red Rock Canyon ist von Las Vegas einen Katzensprung entfernt

Im Spring Mountain Ranch State Park findet man Schatten und Entspannung. Fotos: rie

Ausflugsziele rund um die berühmteste Spielermetropole der Welt? Na klar, da fallen dem USA-vertrauten Reiseberater sofort der Grand Canyon, das Death Valley oder der Hoover Dam am Lake Mead ein. Wer aber nicht stundenlang im Auto sitzen möchte, kann ein landschaftliches Kleinod ungleich schneller erreichen: den 25 Kilometer westlich von Las Vegas gelegenen Red Rock Canyon.

Quasi nur einen Katzensprung vom Roulettetisch und Slot-Automaten entfernt tut sich auf rund 330 Quad?ratkilometern eine Wüstenwelt auf, die im Vergleich zu den bekannten Nationalparks des Südwestens freilich eine kleine Nummer ist. Dennoch ist sie ein Mekka für Outdoor-Fans – zum Beispiel zählt der Canyon zu den Top-Five-Zielen für Kletterer in den USA. Aber auch sportlich weniger ambitionierte Naturliebhaber kommen auf ihre Kosten: Je nachdem, ob sie das Gebiet auf der 21 Kilometer langen Panoramastraße oder auf einer der fast 20 Wanderrouten erkunden, finden sie schroffe Felsen und bis zu 2.000 Meter hohe Berge ebenso wie weite, sandige Ebenen, auf denen sich vor allem Yuccas und Joshua Trees wohlfühlen.

Auf jeden Fall gesehen haben muss man aber die Calico Hills, eine Hügelkette, die eher an überdimensionale Knetmasse erinnert und in verschiedenen Rottönen derart leuchtet, dass sie schon zu glühen scheint. Wie aber sind diese namensgebenden Red Rocks entstanden? „Das weiß keiner so genau“, sagt David Bert, ein Outdoor-Experte, der für Gäste des nahe gelegenen Luxushotels Red Rock Casino, Resort and Spa Ausflüge und andere Aktivitäten organisiert. Fest stehe nur, dass die eisenhaltigen Sandsteine unter der Einwirkung der Naturelemente oxidiert seien. „Es ist, als ob der Sand rostet.“ So kann man es auch formulieren.

Der Red-Rock-Park ist aber nicht nur Natur-, sondern ein Stück weit auch Kulturdenkmal, in dem vor allem Indianer Spuren hinterlassen haben. Davon zeugen Malereien an Felswänden, ungleich deutlicher springen aber die „Roasting Pits“ ins Auge – metergroße, aus der steinigen Erde geformte Natur-Bratpfannen, in denen einst Agaven gegart wurden. Und dass die wilden Esel, die einem immer wieder über den Weg laufen, hier „burros“ statt „donkeys“ genannt werden, hat ebenfalls mit historischen Wurzeln zu tun: Immerhin ist der berühmte Old Spanish Trail zwischen Kalifornien und New Mexiko nicht weit.

Wer durch die Red Rocks spazieren will, sollte das allerdings im Frühjahr oder Herbst tun. Denn im Sommer pendeln die Temperaturen zwischen heißtrockenen 38 und 45 Grad. Aber selbst dann gibt es, nur wenige Meilen von den roten Steinen entfernt, noch ein angenehmes Plätzchen: den Spring Mountain Ranch State Park.

Dieser bietet ein Kontrastprogramm zu der Wüstenwelt, das kaum größer sein könnte: Eben noch in der unwirtlichen Welt aus Sand und Felsen, findet man sich unvermittelt auf saftig grünem Farmland unter Schatten spendenden Bäumen wieder und schaut auf eine Ranch, die mühelos als Standardkulisse für alle Wildwest-Filme dieser Erde fungieren könnte. Nach den Indianern hatten im 19. Jahrhundert auch weiße Siedler diese Oase entdeckt, aus deren Felsen gleich sechs Wasserquellen herausschießen. Wer so viel Natur und Geschichte in Reinkultur serviert bekommen hat, wird es schwer haben, sich in Las Vegas wieder an einen Spieltisch zu setzen.
Thomas Riebesehl
Anzeige