USA

Gute Tropfen, stumme Riesen

Reben mit Aussicht: Weinberge in Lake County.

In Nordkalifornien ergänzen sich Weingenuss und Naturerlebnis prächtig

Gigant: In diesen ausgehöhlten Redwood-Stamm im Humboldt State Park passen über 20 Menschen hinein. Fotos: rie

Dass das Napa Valley weltweit als Inbegriff kalifornischer Weinkultur gilt, hat zweifellos mit hoher Qualität und renommiertem Winzerhandwerk zu tun. Vielleicht ist aber auch ein wenig Glück im Spiel. Jenes Glück nämlich, dass Napa und auch das benachbarte Sonoma-Tal nur eine Autostunde von San Francisco entfernt und somit bestens erreichbar sind. Sowohl gute Tropfen aus Cabernet Sauvignon, Merlot oder Chardonnay als auch passende Gourmetrestaurants liegen also quasi vor der Metropolen-Haustür. Da kommen nur wenige auf die Idee, weiterzufahren.

Das ist ziemlich schade. Schließlich hat Nordkalifornien vinophilen Urlaubern weit mehr zu bieten als die berühmten Vorzeigelagen zwischen San Francisco und Sacramento. Und dazu müssen sie noch nicht einmal viel weiter reisen. Lake County zum Beispiel grenzt direkt an die Nordseite des Napa Valley, dennoch ist die Region bis dato nicht über die Bedeutung eines Mauerblümchens hinausgewachsen. Dabei ist allein das landschaftliche Ensemble aus Weinbergen, Wiesen und Wälder am Clear Lake ein Erlebnis für sich, ein ebenso malerischer wie urwüchsiger Kontrast zu der doch arg aufgeräumten Rebenmonokultur im Süden.

So richtig genießen wird der Besucher das alles freilich erst mit einem gepflegten Glas Weiß- oder Rotwein in der Hand - insbesondere dann, wenn er vom Ceago Vinegarden aus auf den See blickt. Das edle Anwesen von Jim Fetzer, einem Spross der bekannten amerikanischen Winzerfamilie, ist von den rund 30 Weingütern rund um den Clear Lake wohl das spektakulärste und nicht nur wegen seines mediterranen Flairs eine Pflichtstation. Auch Fetzers Anspruch, hohe Qualität mit streng biologischen Anbaumethoden zu verknüpfen, erfreut Herz und Gaumen anspruchsvoller Verkoster. Eigentlich können sie froh sein, dass Lake County bislang so unentdeckt geblieben ist.

Ein Stück weit liegt das sicherlich am klangvollen Namen der Nachbarregion Mendocino County. Weiß auch diese öko-orientierten Weintouristen durchaus zu gefallen, hat sie ihre eigentliche Berühmtheit jedoch der namensgebenden Gemeinde an der Pazifikküste zu verdanken. Allerdings sind in Mendocino weit weniger Hippies zu finden als das Klischee es will - und schon gar nicht die vom Schlagersänger Michael Holm viel besungene Schönheit mit den goldenen Haarspangen. Dafür locken aber postkartenreife Fotomotive: wildromantische Klippen, gesäumt von viktorianischen Holzhäusern nebst liebevollen Vorgärten. In einigen von ihnen kann man sogar logieren.

Somit ist Mendocino eine ideale Zwischenstation für all jene Urlauber, die Wein- mit Naturgenuss und Outdoor-Aktivitäten verbinden wollen. Denn von dort aus ist es nicht mehr weit zu einem weiteren Highlight der nordkalifornischen Küste: den Redwoods. Als ideale Einstimmung auf die gigantischen Mammutbäume bietet sich übrigens eine Fahrt mit den "Skunk Trains" an, historische Züge mit Dampf- oder Dieselloks, die zwischen Fort Bragg und Willits gemächlich durch die Wälder gondeln.

Ist diese Tour vor allem für Familien mit Kindern bereits ein tolles Erlebnis, steht spätestens im nördlich gelegenen Humboldt County dann allen Besuchern vor Staunen der Mund offen. Viel anderes bleibt ihnen auch gar nicht übrig, etwa wenn sie an der "Avenue of the Giants" im Humboldt Redwoods State Park vor über 100 Meter hohen Sequoias stehen, in deren Stämme sich 20 oder 30 Menschen locker hineinstellen können, oder wenn sie, wie im "Drive-Thru Tree Park", sogar mit dem Auto durchfahren können. Vor diesen stummen Riesen kann nur jeder in Ehrfurcht erstarren.

 

Touristische Infos im Netz
• Lake County: www.lakecounty.com
• Mendocino County: www.visitmendocino.com
• Humboldt County: www.redwoods.info 
• Infos zu Weinbau und Gastronomie in Nordkalifornien: www.traveltowinecountry.com 

Thomas Riebesehl