USA

Von der Kohle zur Kultur

Beschaulich trotz typischer Skyline: Pittsburgh soll eine der lebenswertesten Städte in den USA sein. Foto: pj

Pittsburgh: Die Ex-Stahlmetropole in Pennsylvania überrascht seine Besucher

"Jeet jet?" Freundlich schlägt einem die Frage entgegen. Was in verständlicherem Schulenglisch "Did you eat yet?" heißt, zeigt zunächst, welche Rolle das leibliche Wohl an diesem Ort spielt. Außerdem wird klar, wie es um die hiesigen Sprechgewohnheiten bestellt ist. Kurz gesagt: Pittsburgh ist in jeder Hinsicht anders als erwartet.

Die Stadt hat einen selten dramatischen Wandel vollzogen. Der Stahl für Amerikas Hochhäuser und für die Autoindustrie wurde mehr als 100 Jahre lang in Pittsburgh gegossen. Im Kinofilm "Flashdance" wurde diese Ära letztmalig verewigt, denndieses Kapitel der Industriegeschichte endete vor rund 20 Jahren. 2010 kürte das Forbes-Magazin Pittsburgh zur "lebenswertesten City" in den USA. Kein Wunder: Das Zentrum klotzt zwar mit den üblichen amerikanischen Bürotürmen, hat aber durchaus Grün und eine gewisse Beschaulichkeit zu bieten. Umdenken ist also angesagt, wenn man zum ersten Mal hierher kommt.

Die erste Renaissance hatte nach dem Zweiten Weltkrieg stattgefunden, als drastische Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ergriffen wurden. Ab 1980 folgte die Erneuerung der Downtown: Sie brachte der Stadt neben neuen Wolkenkratzern, Theatern und Museen auch eine U-Bahn und das Convention Center - dort tagte 2009 der "G20-Gipfel" der Weltwirtschafts-Nationen. Dem wohl berühmtesten Bürger, Pop Art-Künstler Andy Warhol, widmete Pittsburgh ein ganzes Museum. Im etwas außerhalb des Stadtzentrums gelegenen Museum "Mattress Factory" finden Ausstellungen von Avantgarde-Kunst statt.

Von Pittsburgh aus zu Weltruhm brachten es übrigens auch die doppelstöckige Fast-Food-Kreation "Big Mac" sowie der Namensgeber der Ketchup-Markenikone schlechthin: Henry John Heinz, Sohn deutscher Einwanderer, machte pürierte Tomaten mit Gewürzen länger haltbar und erwies sich zudem als Vermarktungs-Genie seiner Erfindung. Das Unternehmen ist heute wichtigster Sponsor von Sport und Kultur in der Stadt.

Mit der Transformation des "Goldenen Dreiecks" an der Landspitze zwischen den drei Flüssen war die Innenstadtsanierung auch symbolisch vollendet. Den besten Blick auf den dort gelegenen Park mit Fontäne hat man vom Mount Washington. Die Schienenseilbahn "Duquesne Incline" fährt schon seit 1877 die Anhöhe am Flussufer hinauf, wegen der zahlreichen deutschstämmigen Einwohner auch "German Hill" genannt. Die glitzernde Skyline der 320.000 Einwohner-Stadt im Delta des Monongahela-, Allegheny- und Ohio-Flusses zeigt sich von dort in ihrer schönsten Postkartenansicht. Das historische Vehikel ist eines der wenigen Überbleibsel aus der Montan-Epoche der Stadt; es diente als Nahverkehrsmittel für die Arbeiter in den Stahlgießereien. Aus dem hier einst im Überfluss produzierten Rohmaterial entstanden auch die über 400 Brücken im Stadtgebiet.

Pittsburgh verfügt über einen internationalen Flughafen, der dem Star Alliance-Partner US Airways als Hub dient. Rund 500 Kilometer von der Atlantik-Küste entfernt, liegt es westlich des Appalachen-Gebirges inmitten von ausgedehnten Hügel- und Flusslandschaften sowie Laubwäldern, soweit das Auge reicht. Ausflüge ins Umland lohnen sich zu jeder Jahreszeit. Der Eriesee zum Beispiel ist es nur eine Stunde entfernt.
Peter Jaitner
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