USA

Der Sonne entgegen

Das Ziel der Key-Pilger: Sonnenbad am Strand von Key West.

Florida Keys: Auf dem Highway 1 in den äußersten Süden der USA

Farbenfroh: ein Souvenir-Shop am Overseas Highway. Fotos: hs

In Sichtweite schwappt Wasser im schönsten Duschgel-Grünblau sanft hin und her – zurzeit knapp 24 Grad warm. Transparente und Leuchtschriften an bonbonfarbenen Holzhäuschen werben für Tauchausrüstung, für Bootsausflüge oder schlicht für die üppige Speisekarte eines Edel-Restaurants mit Fisch- und Muschel-Spezialitäten. Es ist schwierig, bei diesem Blick durchs Autofenster überhaupt weiterzufahren.

Als 180 Kilometer langes Band verknüpft der Highway US 1 über diverse Brücken die größten der insgesamt über 1.000 Inseln der Florida Keys miteinander und führt im Bogen vom Festland Südfloridas aus bis hinunter zum südlichsten Punkt der USA. Dabei sind die Eilande oft nur unwesentlich breiter als die Straße. Kein Wunder, dass man kaum vorankommt. Denn der Blick durch die Scheiben weckt Sehnsüchte und verführt alle paar Meilen zum Anhalten.

Dabei fängt alles eher trostlos an: Auf Key Largo scheint der Highway noch durch nicht enden wollende Gewerbegebiete aus Supermärkten, Möbelgeschäften, Autowerkstätten und Fast-Food-Restaurants zu führen – bis das Ambiente plötzlich Meile für Meile maritimer wird. Da wird unverhofft mit griffigen Slogans für rasante Jet-Skis geworben: „Rent me I’m fun.“ Oder da ist „Sharky’s“ Tauchshop: Wer hinein will, muss durch das weit aufgerissene Maul eines Hais aus Plastik und Pappmaschee gehen.

Die Keys stehen im Ruf, dass sie vor lauter Unbeschwertheit für jede heitere Verrücktheit zu haben sind. Eine davon ist „Jules Undersea Lodge“ – ein nur mit Tauchausrüstung zu erreichendes Unterwasserhotel beim Mile Marker 103,5. Diese Mile Marker sind so etwas wie die Hausnummern entlang des Overseas Highway. Die Lodge umfasst gerade mal zwei Zimmer und ist untergebracht in einer ausgedienten Tauchstation zehn Meter unterhalb der Wasseroberfläche.

Leichter zugänglich ist der John Pennekamp State Park, ein Paradies für Schnorchler und Taucher vor Key Largo: gut 460 Quadratkilometer aus unter Schutz gestellten Mini-Inseln, Sandbänken und Korallenriffs in allen Farben des Regenbogens – und natürlich direkt am Highway One gelegen. Auch ein Filmstar war in der Gegend zu Hause: Flipper. Der berühmteste Delfin aller Zeiten wurde im Dolphin Research Center auf Grassy Key trainiert. Auch einige der Serienszenen entstanden hier. Seine Nachkommen können dort noch heute bewundert werden. Und wer Lust hat, darf sogar ins Becken steigen und mit Flippers Urenkeln schwimmen.

Sonnenbrillenpflichtig ist indes die Seven Mile Bridge, eine elf Kilometer lange Betonbrücke auf Stelzen über den Ozean zwischen Vaca und Bahia Honda Key. Der weiße Straßenbelag reflektiert die Sonnenstrahlen so heftig, dass die Autoscheinwerfer selbst am helllichten Tag eingeschaltet sein müssen. Bei den stets schwierigen Lichtverhältnissen soll dem Gegenverkehr so erleichtert werden, Entfernungen besser abzuschätzen.

Ziel aller Highway-Bezwinger und zugleich quirligster Punkt der Inselkette ist schließlich Key West: Hier wird geshoppt, geträumt, gefeiert. Und jeder Sonnenuntergang ist eine einzige große Party.
Helge Sobik