Kanada

Rocky Mountaineer: Balsam für Seele und Geist

Panorama ohne Ende: der Rocky Mountaineer vor dem Mount Robson in British Columbia

Auf Schienen von Vancouver nach Jasper

Geschichten, Wein und Häppchen: Guter Service ist selbstverständlich. Fotos: mw, Rocky Montaineer

Die Passagiere des Rocky Mountaineers sind wie elektrisiert von der Ansage des Zugführers: „Bären auf der linken Seite!“ Sie springen von ihren bequemen Sitzen auf und drücken sich ihre Nasen an den Panoramafenstern platt. Ein Raunen geht durch das Abteil. Eine Bärin mit ihrem Nachwuchs tapst unweit des Gleises am Rand eines Kiefernwaldes. Dahinter ragen schneebedeckte Gipfel in der Provinz British Columbia auf. Die Sonne strahlt vom wolkenfreien Himmel.

„Wir können uns glücklich schätzen, die Bärenmutter mit ihrem Kleinen gesehen zu haben“, sagt Zug-Manager Peter Museje. Denn die Tiere würden um diese Jahreszeit allmählich ihre Winterquartiere verlassen. Überdies seien sie scheu. Eine Garantie, die Petze auf der Zugreise zu sehen, könne der Veranstalter nicht geben, fügt Museje hinzu. Aber die Chancen seien gut.
Seit 25 Jahren auf Gleisen unterwegs
Es ist Mitte April. Der luxuriöse Rocky Mountaineer, in Gold, Blau und Weiß lackiert, verlässt im Schneckentempo die Station in Vancouver an der Pazifikküste im Westen Kanadas. Es ist der erste Zug nach der Winterpause in einem für das Unternehmen denkwürdigen Jahr: das 25-jährige Jubiläum des westkanadischen Panoramazugbetreibers.

Der Zug lässt die unvergleichliche Stadtlandschaft Vancouvers bald hinter sich, überquert mehrere Brücken und nimmt auf dem Weg durch das Küstengebirge Kurs auf die Rocky Mountains. Zwei Tage dauert die Fahrt mit einer Hotelübernachtung bis zur von hohen Bergen umgebenen, 900 Kilometer entfernten Kleinstadt Jasper im gleichnamigen Nationalpark der Provinz Alberta. Elche weiden hier an Straßenkreuzungen, Schwarz- und Grizzlybären, Wölfe, Kojoten und Luchse ziehen in den Wäldern auf Nahrungssuche umher, während Pumas vorwiegend in den höheren Bergregionen leben.
Beinahe geräuschlos zieht die Lokomotive die ein- und zweistöckigen Waggons durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Auf weite Ebenen, wo Rinder und Schafe weiden, Pferde grasen und Getreide sowie Obst angebaut wird, folgt die Fraser-Schlucht mit reißenden Fluten, in denen die größten Lachsgründe der Welt beheimatet sind. Zum Greifen nah stürzen Wasserfälle von Felsmassiven herab. Der Zug gleitet durch Mischwälder und wüstenähnliche Hügellandschaften, vorbei an den höchsten Gipfeln der kanadischen Rocky Mountains wie dem fast 4.000 Meter hohen Mount Robson. Gletscher speisen Seen, die bis zum Frühlingsende vereist sind und in den Sommermonaten smaragdgrün leuchten.
Eine der schönsten Bahnstrecken weltweit
Die Fahrt mit dem Rocky Mountaineer durch sanfte sowie wilde Landschaften ist Balsam für Seele und Geist. Freundliche Zugbegleiter servieren nicht nur im Preis inbegriffene Getränke und Snacks, sondern informieren mit Entertainer-Qualitäten über Geschichte und Natur der Reiseabschnitte sowie den beschwerlichen Bau der Eisenbahnstrecke – und Pioniere der Region, wie den Forscher Simon Fraser. Er schrieb 1808 in sein Tagebuch: „Wir mussten ein Gebiet passieren, in das sich kein Mensch wagen sollte.“
Besonders komfortabel ist die Zugreise in der so genannten Gold Leaf Class. Beide Seiten und das Dach der zweiten Etage der Waggons sind verglast. Unten werden Frühstück und ein dreigängiges Mittagsmenü serviert. Wildlachs mit gedünstetem Fenchel und geröstetem Kartoffelsalat ist eine der Spezialitäten. Dazu werden Weine aus British Columbia kredenzt.

Michael Winckler

Gemütlich durch die Rockies
Der Rocky Mountaineer bietet fünf Zugrouten in Kanada. Eine davon verbindet die US-Metropole Seattle mit den kanadischen Rocky Mountains. In den nächsten Jahren soll eine reine USA-Strecke hinzukommen, die von San Francisco nach San Diego führt und den Besuch von Weingütern umfasst. Weitere Infos im Internet unter www.rockymountaineer.com.

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