USA

Nevada: Roadtrip durch die Einsamkeit

  Entdeckungen in einem oft unterschätzten Land der Kontraste

Der US-Bundesstaat Nevada beherbergt die berühmteste Spielerstadt der Welt: Las Vegas. Doch nach ein paar Tagen in der Glitzermetropole ziehen die meisten Touristen weiter zu den östlich gelegenen Canyons in Utah und Arizona oder gen Westen zur kalifornischen Küste. Unentdeckt bleibt dabei der Großteil des Landes.
Schon im Sommer ist abseits der Großstädte Las Vegas und Reno sowie der Hauptstadt Carson City nicht viel los in dem Wüstenstaat. Kein Wunder, dass alle, die den Highway 50 – die angeblich einsamste Straße der USA – überleben, mit einer Urkunde ausgezeichnet werden, die vom Gouverneur persönlich unterschrieben wurde. Wir fahren im Dezember nach Norden in Richtung Einsamkeit. Entscheidender Vorteil der Winterzeit ist, dass wir der brutalen Hitze des Sommers entgehen.
Opernhaus und Wein
Der extreme Kontrast ist ein Markenzeichen Nevadas. Inmitten der endlosen Weite und trostlosen Wüstenlandschaft versteckt sich viel Ungewöhnliches. Wer weiß schon, welch grandiose Unterwelt sich auf 2.100 Metern Höhe im Great Basin National Park befindet? In den Lehmann Caves unterhalb des 3.982 Meter hohen Wheeler Peeks verbergen sich einzigartige Tropfsteinhöhlen.
Ein Opernhaus hätten wir in Eureka am Highway 50 auch nicht vermutet. Silber und Blei machten das Durchgangsstädtchen Ende des 19. Jahrhunderts reich. Von den einst 10.000 ‧Einwohnern sind nur noch rund 600 übrig geblieben. Heute ist das ehemalige Kulturzentrum das Gemeindehaus.
Auch unsere nächste Station bietet Ungeahntes. In der trostlosen Wüstenebene von Fallon im westlichen Teil des Bundesstaates wird Wein angebaut. Die Churchill Vineyards auf der Frey Ranch sind die einzigen Weinproduzenten in Nevada, die Wein aus Trauben produzieren, die vor Ort wachsen. Ashley und Colby Frey begannen 2001 mit dem Weinbau. Aus der eigenen Produktion stammen neben Weißwein auch Brandy, Whiskey und Wodka. Nach so vielen wundersamen Begegnungen ist es kein Wunder, dass man in dem Wüstenstaat irgendwann mitten im Schnee steht. Denn Heavenly am Lake Tahoe gilt als eines der schönsten Wintersportgebiete der Vereinigten Staaten.
Death Valley im Winter angenehm
Nach der herrlichen Schneelandschaft wieder ein harter Kontrast: Unsere nächste Station ist einer der heißesten Orte der Welt. Im Death Valley wurde 1913 mit 56,7 Grad Celsius die höchste auf Erden gemessene Außentemperatur aufgezeichnet. Während unseres winterlichen Besuchs herrschen jedoch angenehme 25 Grad. Der größte Teil des 235 Kilometer langen Nationalparks liegt in Kalifornien. Es ist eine karge, aber alles andere als eintönige Landschaft. Unbedingt sehenswert ist die Rundtour auf der engen Einbahnstraße entlang der Artist’s Palette, die an farbenprächtig marmorierten Felswänden entlang führt. Badwater heißt die tiefste Stelle von ganz Nordamerika, die sich 85,5 Meter unter dem Meeresspiegel befindet.
Ein Nachteil des winterlichen Besuchs ist, dass die Sonne bereits am Nachmittag untergeht. Zum beliebten Aussichtspunkt Zabriskie Point schaffen wir es nicht mehr rechtzeitig. Doch wir finden eine schöne Stelle mit freiem Blick auf die gegenüberliegenden Berge. Es ist der perfekte Abschlussabend unserer Nevada-Reise. Selbst, wenn wir in dem Moment geografisch gesehen in Kalifornien sind.
Angelika Bucerius