USA

Hawaii: Mehr als Waikiki

Auf Oahu vermengt sich Tradition mit coolem Freizeitleben

Sie sind Monster. Nicht umsonst bekreuzigen sich die weltbesten Surfer, bevor sie für einen Ritt auf den höchsten Wellen der Welt aufs Board steigen. Den haushohen Wasserfall im Rücken, schießen sie mit 50 Kilometern pro Stunde der Küste entgegen. Dort bleibt mit weichen Knien am Strand zurück, wer nicht zu den Profis zählt. Surfen im Norden Oahus ist ein Tanz auf dem Vulkan.
Trauergesang statt Südsee-Schnulze
Dagegen sind die Wellen am Waikiki Beach eher Schaumröllchen. „Wir bringen jeden in der ersten Unterrichtsstunde auf dem Brett zum Stehen", verspricht eine Surfschule direkt am Strand. Er ist das Zentrum von Honolulu, dem Manhattan der Südsee und der einzigen Großstadt im Hawaii-Archipel. Er ist auch der wohl bekannteste Strand der Welt. Und er dient japanischen Brautpaaren als Heiratsparadies, denen die Hochzeit im eigenen Land zu teuer ist. Pro Tag heiraten Hunderte im Viertelstundentakt.
Doch Hawaii, Oahu und Honolulu sind mehr als nur Waikiki. Der Iolani Palace in Honolulu etwa ist der einzige Königspalast auf US-amerikanischen Boden: Ein Balkon aus viktorianischem Schnörkelwerk umsäumt den Palast, den griechische Säulen stützen und ein französisches Mansardendach krönt. Dort hatte man das erste Telefon Honolulus und elektrische Beleuchtung schon vor dem Weißen Haus. 1893 wurde die letzte hawaiianische Königin Liliuokalani auf Druck von Großgrundbesitzern zum Abdanken gezwungen. Die sehnsüchtige Süße von „Aloha Oe“ ist deshalb keine kitschige Südsee-Schnulze, sondern ein Trauergesang der Königin, die nach ihrem Amtsende unter Hausarrest gestellt wurde und dieses Lied komponierte.
Auch Blumen sind mehr als nur der Schmuck, den einem das Begrüßungskomitee als Willkommensgruß als Kette um den Hals legt. Noch heute werden Pflanzen als Gottheiten verehrt, was so gesehen manch simplem Gestrüpp magische Kräfte verleiht. Gebinde aus Ki-Blättern etwa sollen böse Geister und anderes Unheil wie Finanzbeamte vertreiben.
Das Alphabet der Hawaiianer ist mit zwölf Buchstaben das kürzeste der Welt. Dafür ist die Sprache um so wortreicher. Für Wolke gibt es 33, für Wind 130 und für das frühere Hauptnahrungsmittel, die Taro-Pflanze, sogar 225 verschiedene Wörter, Zungenbrecher allesamt.
Die Fische kommen von allein
Humuhumunukunukuapuaa zum Beispiel: Den Namen des kleinen, bunten Staatsfisches können vermutlich nur Einheimische unfallfrei aussprechen. Wer diesen Zungenbrecher und unzählige andere Fische live erleben möchte, der sollte an der Hanauma Bay einen Stopp einlegen. In Hanauma ist nicht einmal Schnorcheln nötig. Die Fische, verwöhnt von billigem Fischfutter aus Touristenhänden, kommen schon angeschwommen, wenn man nur im Wasser steht.
Beim Surfen ist es dagegen schwieriger. Vor dem Spaß muss man vor allem eins: paddeln, gegen die Kraft der Wellen. Sonst wird’s nichts mit dem versprochenen Stehen auf dem Brett. Kein Wunder, dass echte Surfer die klassische V-Figur mit segmentierten Bauchmuskeln haben und Spaghetti-Ärmchen da bald schlapp machen.
Jochen Müssig