USA

Kultstätte der Oldtimer

Mekka für Oldtimer-Fans: Auf der „Monterey Car Week“ bekommt man Schmuckstücke wie diesen Roadster von Delahaye zu sehen. Foto: hb

Kalifornien: Die „Monterey Car Week“ist das exklusivste Automobiltreffen der Welt

Kurz vor halb sechs, wenn sich der Vorhang der Nacht von der Landschaft hebt, mischen sich neue Geräusche in das Kreischen der Möwen und das Rauschen der aus der Weite des Pazifiks anrollenden Wellen. Motoren aus allen Epochen des Automobilbaus brummen, tuckern, orgeln und heulen.

Das vielstimmige Konzert wird lauter und lauter, bis die Fahrzeuge aufs Grün am 18. Loch des Golfplatzes von Pebble Beach rollen. Direkt am Meer aufgereiht steht dann ein Traumwagen neben dem anderen: Es ist eine Kultstätte für Oldtimer.

Etliche Jahre haben die Eigentümer auf diesen Tag hingearbeitet. Sie haben viel Zeit und noch mehr Geld in ihre rollenden Schätze investiert. Eingeladen zu werden und seinen Wagen ausstellen zu dürfen, ist für Sammler von Oldtimern der ultimative Ritterschlag.

Der „Concours d’Elegance“ von Pebble Beach ist der Abschluss der „Monterey Car Week“ und das exklusivste Klassiker-Event der Welt. Zwei Stunden südlich von San Francisco gibt es alljährlich Mitte August prächtige Fahrzeuge aus allen Epochen des Automobilbaus zu bestaunen.

Auf dem legendären Highway 1
Schon die 200 Kilometer lange Fahrt von der Golden Gate Bridge bis nach Monterey ist ein Erlebnis: Die Route führt auf dem legendären Highway 1 der Küste entlang, vorbei an einsamen Stränden und zerklüfteten Felsen. Im Big Basin State Park stehen Mammutbäume, deren Stämme man nur als Großfamilie umarmen kann. Noch ein Stopp am Leuchtturm von Pigeon Point, dann ist man angekommen im Mekka der Oldtimer-Fangemeinde.

Alte Klassiker und neue Helden stehen hier Karosserie an Karosserie: Es ist die automobile Crème de la Crème. So sieht man nicht nur das blau-weiße Logo von BMW und den Mercedes-Stern, sondern auch eine Flotte an zweisitzigen Indy-Rennwagen. In die Epoche des Art-déco wird zurückversetzt, wer die Figuren auf den Kühlern der großen Ami-Schlitten bestaunt. Lamborghinis und Ford GT 40 röhren um die Wette.

Atemberaubend schöne Autos
Doch sein Herz verliert man am Ende nicht an einen sportlichen Ferrari oder einen eleganten Horch, an einen imposanten Zwölfzylinder-Maybach oder an jenes 1936 gebaute und sehr seltene Lancia Asturia Pinin Farina Cabriolet, das am Ende des Tages die Trophäe „Best of Show“ gewinnt. Sondern an die ganze Flotte an Delahayes. Die 1930er Jahre gelten als die Blütezeit des französischen Herstellers, und hier versteht man, warum: So atemberaubend schöne Karosserien, eine so laszive Kurvenführung gibt es heute einfach nicht mehr.

400 Dollar Eintritt muss blechen, wer die Show als Besucher miterleben will: Der Erlös des Concours d’Elegance wird für wohltätige Zwecke verwendet. Umsonst bestaunt man die Klassiker bei der Tour d’Elegance durch das Städtchen Carmel.

Und ob man bietet oder nur zuschaut: Legendär ist bei der Monterey Car Week die Stimmung bei den Versteigerungen. Wagen im Wert von fast 350 Millionen Dollar kommen unter den Hammer.
Die coolste Veranstaltung aber ist der Concours d’Lemons, wo die Amerikaner sich und ihre Autoverrücktheit auf die Schippe nehmen. Der Name spielt nicht auf Le Mans an, sondern auf lemons: So nennt man Schrottfahrzeuge, die andere längst in die Presse gegeben hätten.

Helge Bendl
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