Chile

Mondlandschaft mit Flamingos

Selbst in der trockensten Wüste der Welt findet sich noch Wasser: Im Salar de Atacama tummeln sich Flamingos, Strandläufer und Säbelschnäbler.

Selbst in der trockensten Wüste der Welt findet sich noch Wasser: Im Salar de Atacama tummeln sich Flamingos, Strandläufer und Säbelschnäbler. Foto: pra

Die Atacama-Wüste in bietet spektakuläre Natur auf 2.500 Metern Höhe

Die Wüste lebt? Das gilt vielleicht für Arizona oder Ägypten. Aber hier? Die Atacama ist die trockenste Wüste der Welt. Hier fällt 50-mal weniger Regen als im Death Valley. Kein Lebewesen, kein Insekt, keine Spur organischen Lebens tummelt sich im Sand. Fast wie auf einem anderen Planeten.

Kein Wunder, dass die Nasa hier im Norden Chiles ihre Marssonden testet. Und dass die Sehenswürdigkeiten außerirdische Namen tragen. Valle de Luna, Mondtal, heißt unser erstes Ziel. Als wir am frühen Vormittag vom nahen San Pedro de Atacama kommen, sind wir tatsächlich die einzigen Menschen hier. Die geschwungene Straße, die bizarren Felsen, die gigantischen Dünen – die ganze rötlich leuchtende Wüste bis zum Horizont gehört uns. Das muss nicht immer so sein: Später am Tag wird es in der Regel voller, denn die meisten Touristen fahren zum Sonnenaufgang zum Tatio-Geysir, der bei den ersten Strahlen zu brodeln beginnt. Nachmittags rollen dann bis zu 30 Kleinbusse in den von Indios verwalteten Naturpark. Vormittags ist es am stillsten
Doch jetzt können wir die Stille genießen: Mitten in einem Wadi, einem tief eingeschnittenen Trockental, stehen wir und lauschen dem einzigen Geräusch weit und breit: den Felsen, die leise knacken, während sie sich in der Wärme des Vormittags ausdehnen. Die Sonne glüht vom strahlend blauen Himmel – trotzdem herrscht keine Wüstenhitze. Denn wir befinden uns rund 2.800 Meter über dem Meer – die gesamte Wüste liegt auf einem Hochplateau vor den Anden. Die dünne Luft spüren wir beim Aufstieg auf eine Riesendüne: Keuchend kommen wir oben an – und werden mit einem Ausblick über das weite, salzverkrustete Mondtal und die schneebedeckten Sechstausendergipfel an der bolivianischen Grenze belohnt. Extremsportler lassen sich übrigens vom Sauerstoffmangel nicht beeindrucken: Beliebt ist die Atacama-Wüste bei Mountainbikern und Sandsurfern, die auf ihren Brettern die glatten Dünen heruntergleiten.
Grün inmitten der Trockenheit
In Toconao, 30 Kilometer südlich von San Pedro, wird die Wüste plötzlich grün. Ein unterirdischer Bach tritt in dieser kleinen Schlucht an die Oberfläche und wurde von den Indios genutzt, um eine Oase anzulegen. Links und rechts des aufgestauten Wasserlaufs spazieren wir an schattigen Gärten vorbei, in denen Obst und Gemüse angebaut wird. Der starke Duft von überreifen Maracujas liegt in der Luft. Anders als in San Pedro, wo es mittlerweile viele Hotels und Lokale gibt, ist die Oase Toconao kaum vom Tourismus geprägt. Hier und da bietet ein kleiner Laden Früchte, handgewebte Wolldecken oder gestrickte Strümpfe zum Verkauf an. Größtenteils leben die Einwohner aber von dem, was die Gärten hergeben und vielleicht ein Lama im kleinen Stall hinterm Haus. Gleich hinter Toconao beginnt der Salar de Atacama, der drittgrößte Salzsee der Welt. Er ist mehr als fünfmal so groß wie der Bodensee, doch nicht einmal ein Zehntel der Fläche ist mit Wasser bedeckt. In dieser flachen Lagune inmitten der Wüste empfangen uns Vogelrufe – ungewohnte Töne nach einem Tag in der stillen Wüste. Strandläufer und Säbelschnäbler leben hier, vor allem aber Flamingos, derentwegen die Touristen sich im Abendrot versammeln. Die Langbeiner staken durch das niedrige Wasser und erheben sich von Zeit zu Zeit elegant in die Lüfte. Die untergehende Sonne entfaltet ein berauschendes Farbenspiel in der kargen Landschaft. In Rot- und Violetttönen leuchten die schroffen Salzkrusten und die Bergketten ringsum, gespiegelt in der stahlblauen Wasseroberfläche. Und das Schilpen der Vögel verrät uns: Die Wüste lebt – selbst hier.


Klaus Pranger

 

Infos zur Atacama-Wüste
Der Flughafen Calama wird von Lan Chile und Sky Airline mit Santiago de Chile verbunden. Von Calama sind es rund 90 Minuten Fahrt bis ins touristische Zentrum San Pedro de Atacama.
Die Atacama-Wüste ist bei Dertour, Gebeco, Ikarus Tours, Meier's Weltreisen, Thomas Cook Reisen und Miller-Reisen Station mehrerer Rundreisen. Außerdem gibt es bei Dertour und Miller viertägige Kurzreisen als Baustein.