Marokko

Fes: Königsstadt in neuem Glanz

In den traditionellen Souks der Altstadt geht es heute so quirlig zu wie ehedem

Der US-Kongress investiert 700 Millionen US-Dollar in die Erhaltung der historischen Altstadt

Das Riad Al Amine ist eines von 115 historischen Gästehäusern in der Altstadt. Fotos: mw

Hinter dem prächtigen Stadttor namens Bab Boujeloud mit seinen blauen und grünen Kacheln wird es bunt und quirlig. Die Altstadt der Königsstadt Fes, seit 1978 Teil des Unesco-Weltkulturerbes, gilt als die größte erhaltene Medina der arabischen Welt.

600 Jahre nach ihrer Blütezeit erstrahlt sie nun wieder in neuem Glanz. Die Millennium Challenge Corporation, eine Stiftung des US-Kongresses, hat 700 Millionen US-Dollar bereitgestellt, um die Lehmhäuser, Koranschulen, Karawansereien und Badehäuser zu renovieren und touristisch zu erschließen. Die ersten kernsanierten Gebäude und Neubauten sind schon bezogen.

Herkules-Aufgabe

Dabei hat Architekt Fouad Serrhini als Direktor der staatlichen Entwicklungsagentur für Fes mit seinen Mitarbeitern eine Herkules-Aufgabe zu meistern. 3.666 der 11.000 historisch wertvollen Gebäude stuften sie einst als akut einsturzgefährdet ein. Der Sebou-Fluss war biologisch tot, die Gassen waren ungepflegt und nicht beschildert. Inzwischen ist viel geschehen.

2.160 Häuser wurden saniert, die hässlichen Metallgitter durch Holztore ersetzt, Gassen mit Natursteinen gepflastert, die unter einer dicken Betonplatte versiegelten Flussufer des Sebou wieder freigelegt und eine Kläranlage gebaut. Monumente wie die Medrese Inania mit ihren prächtigen Kacheln und Intarsien aus dem 14. Jahrhundert wurden restauriert und für Besucher geöffnet.

Das Gebäude der Banc al Maghreb soll zum Geldmuseum werden. In die Innenhöfe des 600 Jahre alten Fondouks Chemmaine und anderer Karawansereien haben Spezialhandwerker auf mehreren Etagen neue, kunstvoll geschnitzte Geländer aus Zedernholz eingezogen.

Kunsthandwerker füllen die Ladennischen mit ihren traditionellen Pantoffeln, mit Stoffen, Gürteln und Keramik mit neuem Leben. „Wir wollen das Kunsthandwerk mit der Fertigung vor Ort erlebbar machen und gleichzeitig den Zwischenhandel ausschalten“, erklärt Serrhini.

Smartphone-App für die Medina

Auf keinen Fall soll aus der Medina ein Museum werden, auch wenn sie nun mit acht neuen Busparkplätzen rund um die Stadtmauer und einer Smartphone-App besser erschlossen wird und Touristen mittelfristig vielleicht sogar Eintritt zahlen müssen. Serrhini ist sicher: „Nur wenn die 90.000 verbliebenen Einwohner hier Arbeit finden, von der sie leben können, dann können wir die Abwanderung in die Neubauviertel stoppen.“

Der Wandel zieht neue Investoren an. Erst vor ‧wenigen Monaten hat Jacob Oliver gleich hinter der berühmten historischen Wasseruhr sein Café Le tarbouche eröffnet. „Die Leute wollen nicht nur Tajine“, sagt der 28-jährige Koch von der englischen Isle of Wright und mixt deshalb munter europäische und marokkanische Klassiker. Im Literatur-Café Clock nebenan servieren sie Kamel-Burger und frischen Minztee auf der Dachterrasse.

Und in der gesamten Altstadt wurden inzwischen 115 historische Bürgerhäuser mit ihren luftigen Innenhöfen um einen Springbrunnen zu stilvollen Gästehäusern mit insgesamt 1.200 Betten umgebaut. „In diesen Riads übernachten inzwischen mehr Gäste als in den Hotels der Neustadt“, sagt Yassir M’hammed Jawhar, ein Delegierter der Handelskammer für Tourismus.
Martin Wein
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