Südafrika

Südafrika: Ein Schluck Gerstensaft

Guide und Radiomoderatorin Chermaine (links) führt Touristen durch Soweto. Foto: ck

Mit dem Fahrrad durch das Township Soweto

Es ist der letzte Programmpunkt einer Reise, die uns bislang nur die Schönheiten Südafrikas gezeigt hat: malerische Landschaften und luxuriöse Lodges. Das hier ist Kontrastprogramm. Eine Fahrradtour durch Soweto, das größte schwarze Township Südafrikas, südwestlich von Johannesburg. Geschätzte vier Millionen Menschen leben hier, auf 120 Quadratkilometern. Armut als Ausflugsprogramm? Ein wenig Skepsis herrscht schon vor.

„Die meisten Touristen kommen mit ganz falschen Vorstellungen hierher“, erzählt Chermaine. Die 25-Jährige lebt selbst in Soweto, moderiert in ihrer Freizeit beim lokalen Radiosender Jozi FM, hauptberuflich arbeitet sie als Guide für Soweto Bicycle Tours. Der Anbieter, der neben Fahrradausflügen auch ein kleines Backpacker-Hostel betreibt, ist 2007 mit dem Tourism Investment Award ausgezeichnet worden.

Nachdem wir uns Fahrräder ausgesucht und die Helme festgezurrt haben, erklärt uns Chermaine kurz die Gangschaltung und weist ausdrücklich auf den Linksverkehr hin. Anschließend gibt sie uns noch ein paar Brocken Zulu mit auf den Weg: „Die Leute hier werden euch grüßen und euch fragen, wo ihr herkommt.“ Unsere neu erworbenen Fremdsprachenkenntnisse können wir schon kurz darauf zum Besten geben: Wir treten in eine Holzbehausung ein, an die wir unsere Räder gelehnt haben, und werfen zaghaft ein Hallo auf Zulu in die Runde. Das kommt von den gastfreundlichen Einheimischen, die hier den Vormittag bei Bananen- und selbstgebrautem Gerstensaft sitzen, mit breitem Lächeln zurück.

Chermaine reicht uns die durstlöschenden Spezialitäten zum Probieren. Wir nippen an den Schüsseln – einmal, zweimal – und reichen sie weiter in die Runde. Nach der Stärkung geht es weiter, mitten rein ins Township. Aus einigen der Häuser dringt aggressive Rapmusik, auf den unbefestigten Wegen dazwischen geht es aber ausgesprochen freundlich zu. Spielende Kinder staunen über die hellhäutigen Besucher auf ihren bunten Rädern. Freudig und offenherzig kommen sie auf uns zu und grüßen uns mit High-Five.

Auch die Erwachsenen sind herzlich und offen. Als einer Mitfahrerin plötzlich die Kette herausspringt, nimmt sich sofort ein junger Mann des Problems an. Binnen Sekunden ist das Fahrrad wieder funktionstüchtig. Dem Dankeschön erwidert der Helfer nur ein „Klar doch!“, wischt sich die ölverschmierten Hände ab und wünscht uns noch einen schönen Tag.

Die anfängliche Skepsis ist am Ende der Tour gänzlich verflogen. Die Einwohner Sowetos sind gastfreundlich und haben offenbar weder Berührungsängste noch Probleme mit Touristen in ihrem Township.

Die zwei- und vierstündigen Ausflüge sowie Tagestouren von Soweto Bicycle Tours, die unter anderem auch zum Hector Pieterson Memorial und zum einstigen Wohnsitz Nelson Mandelas führen, sind eine Abwechslung zu den klassischen Südafrika-Programmen. Reisebüros können daran zwar nichts verdienen – das Angebot findet sich nicht in den Veranstalterkatalogen –, ihren Kunden aber einen echten Mehrwert bieten. Ideal sind die Fahrradausflüge vor dem langen Rückflug nach Deutschland. Buchungen online unter www.sowetobicycletours.com.
Christofer Knaak