Ägypten

Nil: Zum Tee aufs Oberdeck

Idylle auf der Höhe der Katarakte: Blick auf Assuan. Foto: TUI

Eine Flusskreuzfahrt verbindet Erholung und historische Highlights

Pünktlich um 17 Uhr wird das britische Empire wieder lebendig – und das mitten in Ägypten: Wie in längst vergangenen Zeiten wird dann auf vielen Nil-Kreuzfahrtschiffen die traditionelle Teatime begangen. Nachdem die Passagiere von ihren Ausflügen zurückgekehrt sind, Kamera und Reiseführer in die Kabine gebracht und sich den Wüstenstaub abgeklopft haben, treffen sich alle wieder: Unter oder über Deck wird dann geplaudert und gemeinsam eine echt britische Tasse Tee genossen.

Start- oder Endpunkt vieler Nil-Kreuzfahrten ist Assuan. Denn nur wenige Kilometer weiter südlich wird das Wasser zum Nassersee, dem zweitgrößten Stausee der Welt, aufgestaut. Die mächtige Staumauer steht für das heutige, moderne Ägypten. Das alte Ägypten zeigt sich dagegen auf einem Ausflug zur Insel Elephantine: Mit einer Feluke – einem breiten Holzboot mit riesigen, naturfarbenen Segeln – werden die Touristen dorthin gesegelt, um die Ausgrabungen anzuschauen. So ruhig ist es auf dem Wasser, dass nur die flatternden Segel zu hören sind. Kein Handy, kein Hupen stört die Idylle.

Mit der nächsten Feluke geht es weiter auf die westliche Nil-Seite. Hier erhebt sich aus der Wüstenlandschaft das kuppelförmige Mausoleum des Aga Khan. Nur ein schmaler Grünstreifen zieht sich beiden Seiten des Nils entlang. Dort werden Mais, Reis und Weizen angebaut. Beim frühabendlichen Sundowner auf dem Deck der Kreuzfahrtschiffe fällt der Blick auf das hoch auf einem Felsen liegende „Old Cataract Hotel“. In diesem Haus im viktorianischen Stil ersann Agatha Christie einst ihren Roman „Tod auf dem Nil“.

Nach dem Abendessen gehen einige Gäste noch in das Basarviertel Assuans. Mit großen Gesten umgarnen die Händler dort ihre Kundschaft und bringen so den Nippes an den Mann, den eigentlich niemand braucht, der aber dennoch ein nettes Mitbringsel ist. Im Morgengrauen startet die dreistündige Busfahrt durch die Wüste zum Tagesausflug nach Abu Simbel. Fast wäre der Felsentempel Ramses II. mit den vier Statuen im Assuan-Stausee untergegangen. Doch mehr als 50 Nationen beteiligten sich in den 60er Jahren an der Umsiedlung des Prachtbaus. Er wurde zerlegt, Stein um Stein abgetragen und 180 Meter landeinwärts sowie 65 Meter höher wieder aufgebaut.

Von Assuan aus geht es mit dem Kreuzfahrtschiff schließlich den Nil entlang Richtung Luxor – und wie in einem Film zieht das altertümlich anmutende Landleben Ägyptens vorbei: Kinder gehen barfuß zur Schule und winken den Urlaubern zu, jemand zieht einen Wassereimer aus dem Brunnen, Frauen knien im Nil und schrubben die Wäsche. Am Ufer reiht sich ein Tempel an den nächsten.

Und wo viel zu sehen ist, tummeln sich auch viele Besucher. Mehr als 200 Kreuzfahrtschiffe sind in Hochzeiten auf der Lebensader Ägyptens unterwegs, da kann es an den Haltepunkten schon einmal wie auf einem Basar zugehen. Doch die vielen Urlauber verteilen sich auf die zahlreichen Ausgrabungsstätten. Halt gemacht wird unter anderem am Doppeltempel in Kom Ombo, den sich der Falkengott Horus und der Krokodilgott Sobek teilen. Der Tempel in Edfu ist dagegen nur Horus gewidmet.

Höhepunkt der Nil-Kreuzfahrt ist für viele Besucher der Ausflug nach Theben, in die sagenumwobene Totenstadt der Ägypter. Etliche Pharaonen-Gräber können dort besichtigt werden, unter anderem auch die erst 1922 entdeckte Grabstätte von Tutanchamun. Dazu kommen verschiedene Tempel wie der Terrassentempel der Hatschepsut, der in einen großen Felsen hineingeschlagen wurde. Der Tempel der einzigen Frau auf dem Thron Ägyptens erlangte 1997 allerdings traurige Berühmtheit durch ein blutiges Attentat islamistischer Extremisten.

Ihren Abschluss findet die Fahrt in Luxor. Dort locken nicht nur Luxor- Museum und Luxor-Tempel, sondern auch die nahe gelegene Tempelstadt Karnak mit ihren riesigen Säulengängen und die erst kürzlich freigelegte Sphinx-Allee. Doch auch vom Schiff aus ist Luxor großartig – der Abschlusstee auf dem Oberdeck darf deshalb nicht fehlen. Am besten mit einem Buch von Agatha Christie in der Hand.
Sylvia Raschke