Botswana

Naturkino, live in 3D

Das Verkaufsargument schlechthin: Tiere aus nächster Nähe erleben.

Tiere sind die Hauptdarsteller in den Nationalparks von Botswana

Kamerascheu sind die Protagonisten der Nationalparks selten. Fotos: jm

Botswana geht es für schwarzafrikanische Verhältnisse vergleichsweise gut. Die recht stabile Demokratie haben dem Land Lob von westlichen Regierungen und Geberorganisationen eingebracht. Bittere Armut, wie etwa im Nachbarland Zimbabwe, wo Robert Mugabe alles zugrunde gerichtet hat, sieht man nirgendwo. Für Touristen ist Botswana deshalb angenehm zu bereisen, ohne große Irritationen, ohne Schuldgefühle.

Das liegt zum einen an einem Rohstoff, der überall auf der Welt für viel Geld gehandelt wird: Diamanten, die in Botswana reichlich abgebaut werden. Und zum anderen am weltbekannten Nationalpark Kalahari, dem Okavango-Delta mit dem Moremi-Nationalpark und dem zwar nicht ganz so berühmten, aber dennoch sensationellen Chobe-Nationalpark. Was alle drei Game Reserves eint, ist das Kino-Feeling bei jeder Safari.

Der Vorhang geht auf und als kurze Werbeeinspielungen der Natur dreht zunächst ein Adler seine Runden über den Chobe im nordöstlichsten Eck Botswanas. Eine Gruppe Paviane turnt im Geäst am Ufer und einige Antilopen nähern sich zögerlich und wachsam dem Wassersaum.

Für Kapitän Morgan ist das alles nur Vorgeplänkel. Während seine Gäste, vom Gegenlicht geblendet, lediglich einen dunklen Brocken im hohen Flussgras ausmachen, steuert er zielsicher darauf zu. Das Hauptprogramm beginnt. Er weiß, dass der Brocken ein mächtiger Elefant ist, der sich auf einer Flussinsel genüsslich das hohe Gras schmecken lässt. Am Ufer nähert sich derweil eine Herde mit einem Dutzend Elefanten dem Chobe. Zwei junge Bullen messen ihre Kräfte, das Kleinste wird von den Alten mit Staub gepudert. Eine Elefantendame geht schwimmen und taucht sogar unter. Nur der Rüssel bleibt wie ein Schnorchel sichtbar. Der Chobe Nationalpark ist die Heimat von rund 75.000 Elefanten. Kein anderer Nationalpark bietet diesbezüglich mehr. Und diese enorme Zahl bedeutet auch, dass entlang des Chobe die größte Elefantenpopulation weltweit lebt.

"Wow!", entfährt es aber auch jedem Tierbeobachter, wenn er die anderen Nationalparks des Landes besucht. Es ist immer großes Kino, immer live und immer in 3D: Der Ranger im offenen Jeep der Kalahari heißt Innocent, erweist sich jedoch weit weniger unschuldig wie sein Name. Scheue Kudus und bunte Vögel, staksende Giraffen und flinke Schakale interessieren ihn nicht sonderlich. Innocent geht auf Löwen, die seltenen schwarzmähnigen Kalahari-Löwen. Und er findet sie auch: Zwei Männchen im Busch, zwei Weibchen mit ihren Jungen an einem Wasserloch. Die Gäste sind happy, fühlen sich als Teil der Tierwelt. Am Horizont ziehen Giraffen vorbei: das perfekte Bild. Innocent schaut nicht mal hin. Er schenkt lieber Tee nach.

Botswana bietet in seinen Nationalparks so etwas wie eine Zufriedenheitsgarantie für Besucher. Die gibt es natürlich nicht offiziell, doch die Behörden könnten diese Garantie anbieten, denn das Risiko, mal enttäuscht von einer Safari zurückzukehren ist minimal. Lediglich die Besuchermassen in der Kalahari und auch im Okavango-Delta, besonders in der Trockenzeit von Juli bis Oktober, wenn sich Tiere und Besucher gleichermaßen an den Wasserstellen versammeln, könnten die Zufriedenheit der Gäste etwas schmälern.

Im Moremi-Nationalpark im Okavango-Delta heißt der Guide schlicht Hippo, weil der junge Mann mit Passnamen John seine Gäste gerne zu den Hippo-Pools steuert, wo nahezu immer Flusspferde anzutreffen sind. So auch dieses Mal: Nur eines der Tiere dreht den Gästen gelangweilt sein mächtiges Hinterteil entgegen. Hippo ist zufrieden mit seinen Hippos und seine Besucher sind es auch.
Jochen Müssig
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