Namibia

Uni der Wildnisprofessoren

Namibia: Mit den Khwe auf Spurensuche im Bwabwata-Nationalpark

Alfred Tchadau zückt sein Stöckchen und zeichnet einen Kreis in den Sand. Er hat ein neues Studienobjekt aufgetan: ein trichterförmiges Loch. Wir beäugen die Spur und rätseln, von welchem der Tiere hier im Bwabwata-Nationalpark im Norden Namibias sie stammen mag. Der Fährtenexperte klärt uns auf: von Ameisenlöwen. In den Fallgruben lauern sie Insekten auf. Alfred gräbt im Sand – et voilà, da ist der kleine Räuber.

Wir stehen auf einer Lichtung mitten in der afrikanischen Wildnis. Die Ameisenlöwen bekümmern uns nicht, auch wenn sie sich ihre Opfer auf grauenvolle Weise einverleiben. Doch da sind noch die größeren Lebewesen im Kreislauf von Fressen und Gefressenwerden, deren Fährten um uns herum frisch aussehen: Löwen, Büffel, Leoparden, Elefanten. Und wüssten wir nicht, dass sich Alfred und seine Spurenleserkollegen bestens in dem Gebiet am Okavango auskennen, in dem ihr Volk der Khwe seit Jahrtausenden als Jäger lebt – wir würden uns wie Frühstückshäppchen auf dem Silbertablett fühlen, so waffenlos zu Fuß unterwegs im grellen Morgenlicht.

Seit die Regierung den Landstrich zum Nationalpark erklärt hat, dürfen jedoch nur noch zahlungskräftige Trophäenjäger das Großwild erlegen. Eine „Buschmann-Akademie“ soll den Khwe nun neue Perspektiven eröffnen und dafür sorgen, dass ihre Traditionen in den nächsten Generationen fortleben.

Die Älteren der Gemeinde lassen sich als Ranger und Fährtenleser auszeichnen und fungieren hernach als Dozenten für die jungen Leute. Noch hat die Universität der Wildnisprofessoren kein Dach über dem Kopf und ist auf Förderer wie den WWF angewiesen. Schon bald sollen die Khwe aber eigenständig arbeiten.

Projektleiter Friedrich Alpers möchte mit dem Nationalpark das Ideal eines nachhaltigen Schutzgebiets verwirklichen. Vielerorts seien die Einheimischen vertrieben und ihrer Identität beraubt worden, sagt der Namibier mit deutschen Vorfahren. „Wir verfolgen einen anderen Ansatz: Nicht der Staat und die Lodge-Betreiber sollen profitieren, sondern die Menschen.“

Alfred führt uns weiter durch das Spurengewimmel auf der Lichtung. Seit der Eröffnung des länderübergreifenden Schutzgebiets Kavango-Zambezi bummeln nun auch Herden aus Botswana herüber, so dass das Verhältnis von Elefanten zu Khwe manchmal 8.000 zu 6.000 ist.

Als Nachkommen der Ureinwohner San kennen die Khwe alle Überlebenstricks in ihrer menschenfeindlichen Welt. Sie zeigen uns, wo es Buschtomaten und Baumhöhlen mit Wasser gibt. An den Tatzenabdrücken der Raubkatzen können sie ablesen, ob die Tiere auf Beutezug waren. Dann lohnt die Verfolgung, vielleicht gibt es Reste vom Schmaus. Kräuterkunde ist Frauensache. Thiku zeigt uns Pflanzen gegen Husten, Hunger und Malaria.

Als wir mit den Khwe abends am Lagerfeuer zusammensitzen und sie uns von ihren Bräuchen erzählen, dröhnt aus der Finsternis das Grunzen der Flusspferde. Es klingt friedlich – so lange man ihnen nicht zu nahe kommt.

Pilar Aschenbach

 

Buchungsinfos
Spurenlesen mit den Khwe ist neu und exklusiv bei Gebeco im Programm. Der Studien- und Erlebnisreiseveranstalter hat das Projekt in die 20-tägige Dr.-Tigges-Länderkombination „Namibia, Botswana und Simbabwe“ integriert.