Namibia

Namibias buntes Herz

Wer in der Ongula Village Lodge übernachtet, kann in die Kultur der Ovambos eintauchen und viele Tänze miterleben Foto: hb

Die Kultur der Ovambos entlang einer touristischen Route erleben

Sie waren immer da. Doch nun sind sie plötzlich weg. Viele Hundert Kilometer lang haben Zäune die Straße gesäumt, die von Namibias Hauptstadt gen Norden führt. Holzpfosten und Stacheldraht haben das Farmland von den über den Asphalt donnernden Reisenden getrennt. Jetzt, im Ovamboland, schaltet man besser einen Gang herunter: Alles ist quirlig und scheinbar chaotisch.
Esel, ihren Stursinn zur Schau stellend, gehen auf der Mittellinie spazieren. Kühe, Ziegen und Hühner rennen über die Straße, die Hütejungen mit Stöcken und Steinschleudern hinterher. Rauch qualmt aus einfachen Hütten, auf den Feldern unter den Makalani-Palmen wogt reifende Hirse. Im Schatten der Bäume liegen Körbe, darin Delikatessen wie Mopane-Würmer. 
Namibia mag das Land der einsamen Landschaften sein, das der weiten Ebenen und der an den Atlantik schlagenden Sandwellen. Doch nörd-lich des Etosha-Nationalparks, beim Volk der Ovambos, schlägt das schwarze Herz des Landes. In der „Four-O-Region“ (Oshikoto, Ohangwena, Omusati und Oshana) leben fast eine Million Menschen. Der flache Landstrich bis zur Grenze mit Angola war lange eine touristische „Terra Incognita“. Das ändert sich nun: Das Namibia Tourism Board hat Routen für Selbstfahrer entwickelt, und auch die Veranstalter erweitern ihre Programme um den äußersten Norden. 

Eintauchen in die Kultur

Die Ongula Village Lodge, die bei TUI und A & E Erlebnisreisen im Programm ist, liegt mitten in einem traditionellen Dorf. Die Aktivitäten sind darauf ausgerichtet, in die Kultur der Ovambos einzutauchen. Managerin Selma führt ins Gehöft des Chiefs. Eine Frau webt hier Schalen aus den Blättern der Makalani-Palme. Aus den Früchten des Baumes brennen die Männer Ombike, einen ziemlich potenten Schnaps. 
Selma schlägt vor, der Gast soll auch Hand anlegen: „Mal schauen, wie gut du Omahangu stampfen kannst.“ Perlhirse wird als Grundnahrungmittel zu jeder Tageszeit als Brei gegessen und auch zum Bierbrauen verwendet. Die Frage, ob auch „Omahangu Pancakes“ auf dem Speiseplan stehen, bringt die Köchin auf eine Idee: Fürs Abendessen organisiert sie ein Huhn von den Nachbarn und serviert Hirsepfannkuchen, beträufelt mit Odjove, frisch gepresstem Marula-Öl. 

Pink zu jeder Gelegenheit

In Olukunda steht eine 1893 gebaute Kirche, das älteste Gotteshaus im Norden Namibias. Ein Museum erzählt von der Arbeit der finnischen Missionare, die nicht nur das Christentum predigten, sondern auch die Kultur der Menschen erforschten. Angeblich waren auch die Priester die ersten, die ihre weißen Gewänder mit Pigmenten rötlich färbten. Heute gilt die Farbe als typisch für Ovambos. Bei Festlichkeiten, aber auch im Alltag tragen sie gerne Pink. So fühlt man sich hier als Besucher wohl – ist doch alles bunt, als betrachte man es durch eine rosarote Brille.
Helge Bendl