Brunei

In den Wipfeln von Borneo

Spektakulärer Ausblick: Der Canopy Walkway führt 50 Meter hoch in die Baumkronen des Regenwaldes.

Spektakulärer Ausblick: Der Canopy Walkway führt 50 Meter hoch in die Baumkronen des Regenwaldes. Foto: heu

Zu schade für Tagesausflüge: Der Ulu Temburong Nationalpark in Brunei

Morgens um 4.30 Uhr klopft Sam San Jose an die Fenster der Schlafzimmer im Ulu Ulu Resort. „Frühstücken könnt ihr später“, meint der 43-jährige Filipino, der seit 15 Jahren in Brunei als Tourguide arbeitet. Bereits nach wenigen Schlucken Kaffee drückt Sam seinen Gästen Taschenlampen in die Hand und drängt zum Aufbruch – schließlich sind 1.226 hölzerne Stufen und anschließend 25 Höhenmeter auf Aluminiumleitern zu bewältigen, bevor seine Gäste einen weiten Blick über das Kronendach des Regenwalds auf der Insel Borneo genießen können. Ein Primärregenwald, der hier, im Grenzgebiet von Brunei zu Malaysia, noch bestens erhalten ist. Am spektakulärsten ist der Ausblick am frühen Morgen, wenn Nebelschwaden durch die Wipfel ziehen und die Dämmerung vom Tag abgelöst wird. Die Sonnenaufgangswanderung zum Canopy Walkway, einem außergewöhnlichen Pfad auf Baumwipfelhöhe, gehört zu den Highlights eines Besuchs im Ulu Temburong Nationalpark. Die verschiedenen Plattformen des Baumwipfelpfades sind durch Hängebrücken verbunden. Die Aluminiumkonstruktion ist sicher und stabil, zumal pro Plattform und Brücke maximal zwei Besucher gleichzeitig zugelassen sind. Wer die höchste Plattform erklimmt, hat insgesamt 50 Höhenmeter überwunden. Besucher des Nationalparks können auch Dschungelwanderungen unternehmen, bei denen die Pflanzen und Tiere des Regenwalds gezeigt und erklärt werden, sowie an Bootsausflügen zu kleinen Wasserfällen, die auch Bademöglichkeiten bieten, teilnehmen. Bislang freilich haben die meisten Besucher zu wenig Zeit für diese Aktivitäten. Denn von den rund 6.000 Touristen, die im letzten Jahr in den Ulu Temburong Nationalpark kamen, waren 5.600 Tagesausflügler. Da die An- und Abreise mehrere Stunden dauert, bleibt wenig Zeit: Zuerst fahren die Besucher mit dem Taxiboot von Bandar Seri Begawan, der Hauptstadt Bruneis, in die Provinzstadt Bangar, von dort mit dem Kleinbus an den Fluss Belalong und dann noch einmal 45 Minuten im Einbaum flussaufwärts. Wenn die Besucher gegen 11 Uhr im Park eintreffen, haben sie maximal fünf Stunden. Doch nun will die Regierung Bruneis die Infrastruktur für Übernachtungsgäste verbessern. Das Ulu Ulu Resort, die einzige Lodge im Nationalpark, wurde bislang vor allem von Regierungsgästen genutzt und stand häufig leer. Im Februar hat Bruneis Regierung den Betrieb der Firma Sunshine Borneo Tours übertragen. Durch die Privatisierung hofft man auf 10.000 Besucher pro Jahr für den Nationalpark. „Im Moment ist Ökotourismus bei uns noch im Baby-Stadium, aber er ist sehr wichtig für uns, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch für den Schutz der Natur“, beteuert Noralinda Ibrahim vom zuständigen Ministry of Industry and Primary Resources.
Rainer Heubeck
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