Singapur

Singapur für Fortgeschrittene

Am Rande der Großstadt: Auf Pulau Ubin geht es relaxt zu.

Am Rande der Großstadt: Auf Pulau Ubin geht es relaxt zu. Foto: fh

Der Stadtstaat bietet Reisestoff für mehr als drei Tage

Ein Einkaufsbummel über die Orchard Road und ein schneller Blick in die ethnischen Viertel von Little India, Arab Street und Chinatown, und wenn noch Zeit ist, eine Bootsfahrt zum Wahrzeichen der Stadt, dem Wasser speienden Merlion. Schon geht’s zurück zum Flughafen. Kaum ein Tourist weicht vom Pflichtkanon des Singapur-Tourismus ab. Dabei hat die Stadt viel mehr zu bieten.

Wenn die wenigen westlichen Touristen vom Fährhafen in Changi zur Insel Pulau Ubin tuckern, bröckeln die Vorurteile. Zum Beispiel, dass es in Singapur keine wilden Ecken gibt: Die Boote zur zweitgrößten Insel fahren noch immer ohne Fahrplan, wenn sich genügend Passagiere eingefunden haben. Hinter der Anlegestelle beginnt der Wald, durchzogen von holprigen Wegen und gesäumt von verfallenen Holzhäusern, deren Bewohner längst dem Ruf der Großstadt gefolgt sind.

Nur noch rund 200 Menschen leben auf der zehn Quadratkilometer großen Insel. Hin und wieder blitzen bunte Fischerhäuschen durch die Vegetation, flitzt ein Mountainbiker über die Waldwege, ansonsten zeigt sich Pulau Ubin tropisch einsam. Für deutsche Besucher kommt zum Abenteuerflair der Skurilitätsfaktor dazu: Im „German Girl’s Shrine“ im Westen der Insel opfern die Singapurianer einem deutschen Mädchen, das sich 1914 auf der Flucht vor der Internierung durch die Engländer in einen Steinbruch stürzte. Sie soll posthum vor allem Spielern zu Zockerglück verhelfen.

Peranakan-Glamour in Geylang
Geylang Serai, das klingt ein bisschen nach Tausendundeiner Nacht, nach Harem und Orient. Und das ist nicht einmal so falsch: In Geylang (auch als Katong oder Joo Chiat bekannt) im Osten der Stadt hat sich das unanständige Nachtleben erhalten, das dem Stadtstaat so oft abgesprochen wird. Vor allem Malaien aus den Bootssiedlungen im Mündungsgebiet des Singapore Rivers zog es Mitte des 19. Jahrhunderts hierher. Und die Peranakan, Nachfahren chinesisch-malaiischer Mischehen, die sich vor allem mit exquisiter Küche einen Namen machten. Sie hinterließen die knallig bunten, reich verzierten Häuser, wie sie beispielsweise in der Joo Chiat Road und Koon Seng Road zu Hunderten stehen. Wer den Spaziergang in die frühen Abendstunden legt, profitiert übrigens gleich doppelt: Die vielen kleinen Peranakan-Restaurants sind berühmt für ihre exquisite, aber günstige Küche.

Edle Shophouses in Emerald Hill
Abertausende von Touristen bummeln jedes Jahr über die Orchard Road und damit an einer der schönsten Ecken der Stadt vorbei, den Shophouses von Emerald Hill. Abbiegen mag freilich kaum einer. Wohl auch deshalb ist es in Emerald Hill so ruhig. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur an den hohen Grundstückspreisen: Die Straßenzüge nördlich des Peranakan Place gehören zu den edelsten der Stadt. Als sich hier vor gut hundert Jahren reiche Chinesen und Peranakan niederließen, war die Orchard Road noch der holprige Pfad einer ehemaligen Muskatplantage, während am Emerald Hill wahre Paläste des „chinesischen Barock“ entstanden: üppig verziert, mit vielen bunten Details und Holzschnitzereien, umsäumt von Palmen. Die restaurierten Häuser wurden mit architektonischen Auszeichnungen überhäuft und stehen seit 1981 unter Denkmalschutz.
Françoise Hauser
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