Singapur

Singapur: Zuckerguss und scharfe Gewürze

Farbenfrohe Shophouses an der Joo Chiat Road. Foto: fh

Im Katong-Viertel ist die chinesisch-malaiische Mischkultur zu sehen

„Lecker“ ist der erste Gedanke, der dem Touristen angesichts der Peranakan-Kultur durchs Gehirn schießt: Cremiges Rosa, zitronengelb, salatgrüne Flächen, zuckergusskitschige Verzierungen und kleine weiße Baiser-Häubchen lassen dem Betrachter schier das Wasser im Munde zusammenlaufen. Und das sind nur die Hausfassaden – von der Küche gar nicht zu sprechen.

Überall im Katong-Viertel von Singapur stehen die knallbunten Häuser im Hochzeitstorten-Stil: Jedes einzigartig, mit Liebe restauriert. Und eben typisch für eine Kultur, die man in Singapur beinahe vergessen hatte. Erst in den 90er Jahren erinnerte man sich an die wohlhabenden Nachfahren der chinesisch-malaiischen Mischehen, die im 19. Jahrhundert eine einzigartige Architektur, Kochkunst und Alltagskultur hervorbrachten. In Glaubensfragen blieben die Peranakan, auch Straits Chinese genannt, den chinesischen Wurzeln verhaftet. Vielleicht waren sie deshalb wirtschaftlich überaus erfolgreich. Den Reichtum freilich setzten sie in opulenter Kleidung, verziertem Geschirr und besagten knalligen Shophouses zur Schau.

Den schnellsten Einstieg bietet seit 2003 das Peranakan-Museum (www.peranakanmuseum.sg) im historischen Zentrum Singapurs. Hautnah und quasi zum Anfassen sind die Peranakan jedoch im östlichen Viertel Katong zu erleben, rund um die Joo Chiat Road, die nach dem Farmer Chiew Joo Chiat benannt wurde. Der „King of Katong“ besaß vor hundert Jahren an dieser Stelle eine große Kokosnussplantage, die er in den 1920ern der Stadt überließ. Dank dieser großzügigen Geste ist heute, zur Verwirrung aller Besucher, quasi jede Ecke des Viertels nach ihm benannt: Joo Chiat Road, Joo Chiat Place, Joo Chiat Lane, Joo Chiat Terrace, um nur einige zu nennen. Zwischendrin werben kleine Imbisse mit „Nonya“-Küche, so die eigene Bezeichnung der Peranakan-Frauen: chinesische Zutaten mit scharfen malaiischen Gewürzen, die noch die Tropenhitze Singapurs mühelos in den Schatten stellen.

Für die knallige Krönung, den echten Trumpf für die Geschmacksknospen, geht es zurück in die Innenstadt. In der Armenian Street, gleich neben dem Peranakan Museum, befindet sich das True Blue Cuisine (www.truebluecuisine.com). Wer glaubt, es gebe in der asiatischen Küche nichts Unvergleichliches mehr zu entdecken, darf sich hier beispielsweise mit Buah Keluak auseinandersetzen: Die faustgroße Frucht des Kepayang-Baums wird mit Asche und Bananenblättern für 40 Tage vergraben, um ihr alle Giftstoffe zu entziehen – und schmeckt auch für europäische Gaumen erstaunlich gut.

Reisende mit dem Hang zum Besonderen sind im „The Intan“ (www.the-intan.com) gut aufgehoben: Auf Anmeldung lädt Alvin Yapp kleine Gruppen in sein Privathaus ein und bewirtet die Gäste mit klassischer Peranakan-Küche nach den Rezepten seiner Mutter. Aus Stolz auf seine Wurzeln. Und weil die Peranakan eben mehr zu bieten haben als nur eine leckere Fassade.
Françoise Hauser
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