China

Macau: Anders als das Festland

Vier gute Gründe für eine Reise in die südchinesische Stadt

Drei Tage Hongkong, danach vielleicht ein Tag Macau, so sieht das Standardprogramm vieler Reisender aus. Schade eigentlich! Ganz unverschuldet ist die Rolle als Mauerblümchen aber nicht: Lange Zeit kümmerte man sich in Macau vorrangig um asiatische Besucher, die nicht nur in Scharen kommen, sondern auch ganze Monatsgehälter in wenigen Tagen verspielen. Allen voran chinesische Touristen, die zwischen Poker und Baccara viel Zeit in hochpreisigen Boutiquen verbringen. Jenseits der Spieltische, gegen die der europäische Besucher erstaunlich immun zu sein scheint, lockt die Stadt mit eher ruhigen Attraktionen. 

1. Fernost mediterran
Portugals Spuren sind in Macaus Altstadt unübersehbar. Die Lust an Neubauten und Mega-Projekten haben die Stadtplaner vor allem auf den neu aufgeschütteten Flächen ausgelebt, während die Gassen und stillen Winkel, Kirchen und Festungsanlagen der Innenstadt unangetastet blieben. Vielleicht geht es deshalb in Macau – sieht man von den Spieltischen einmal ab – ziemlich gelassen zu? Selbst auf dem zentralen Platz Largo do Senado machen die Paketboten hier und da schon mal ein ungestörtes Mittagsschläfchen.

2. Licht an!
Mit Einbruch der Dunkelheit lässt es sich nicht mehr übersehen: Macau ist ein Spielerparadies, das weltgrößte überhaupt. Sogar Las Vegas muss angesichts der macanesischen Umsätze verschämt zu Boden blicken. Und damit die finanziell potenten Spieler auch den Weg ins richtige Etablissement finden, übertreffen sich die Casinos gegenseitig mit gigantischen Lichtershows. Erstreisende erkennt man daher auch am staunenden Gesichtsausdruck, wenn sie zwischen Grand Lisboa und Sands wie die Nachtfalter dem Geflacker erliegen.

3. Zurück zu den Anfängen
Hätten die Chinesen 1557 gewusst, welche Folgen die Gründung der kleinen Siedlung haben würde, wahrscheinlich hätten sie die Portugiesen schleunigst fortgejagt: Militärisch mag Macau keine große Bedeutung gehabt haben, ideologisch war die Stadt ein Brandherd. Generationen von christlichen Missionaren wurden in der ersten europäischen Kolonie Asien ausgebildet und fortan nach China, Japan und in andere Länder geschickt. Matteo Ricci lernte in Macau Chinesisch, bevor er an den Kaiserhof ging, genauso wie Adam Schall von Bell und Ferdinand Verbiest. Ihre Spuren sind bis heute in den Kirchen Macaus zu finden.

4. Ganz schön ausgefallen
Spätestens wenn der (künstliche) Vulkan am Fisherman’s Wharf ausbricht, dürfte sich manch ein Besucher die Augen reiben. Da fallen die fast echten Gondolieri auf den Kanälen im Venetian, die ihr O sole mio mit chinesischem Akzent trällern, kaum mehr ins Gewicht. Skurrilität und Kitsch kennen in Macau keine Schamgrenze, schräge Rekorde sammelt die Stadt zuhauf. So bietet der Macau Tower den höchsten Bungee-Sprung der Welt, schlagen die Wellen des Dachpools auf dem Galaxy alle Konkurrenten. Und die Staatskasse ist so spektakulär voll, dass die Stadt als einzige weltweit ihren Bürgern seit Jahren eine Überschussbeteiligung zahlt. Vielleicht sind sie deshalb so entspannt?
Francoise Hauser