China Asien/Naher Osten

Macau: Religion und Glücksspiel

Geformt wie eine Lotusblüte: das Grand Lisboa

Wie aus der armen Kolonie eine reiche Glitzerwelt wurde

Das Casa da Misericordia war einst die erste westliche Sozialstation auf chinesischem Boden. Fotos: heu

Nur rund 100 Meter von der Ruine der Pauluskirche entfernt befindet sich das Macau Museum. Es liegt auf einem Hügel – in einem ehemaligen portugiesischen Fort, das im 17. Jahrhundert von Jesuiten gebaut wurde.

Das Museum zeigt die Besiedlung des Perlfluss‧deltas und dokumentiert die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Eines Jahrhunderts, in dem sich für Macau vieles änderte. Aus einer vernachlässigten Kolonie, in die das in den 70er Jahren nicht wohl‧habende Portugal kaum investierte, entwickelte sich eine der reichsten Regionen Asiens und ein Glücksspiel-Mekka. Im Stadtmuseum erfährt man auch, dass Macau immer wieder bereit ist, Flüchtlinge aufzunehmen.

1941, als die Japaner Hongkong besetzten, kamen massenhaft Flüchtlinge aus dem 60 Kilometer entfernten Hongkong nach Macau. Ein Drittel der damals 600.000 Einwohner Macaus waren zu dieser Zeit Flüchtlinge. „Macau hat Flüchtlinge immer willkommen geheißen“, sagt Pater Luis Manuel Fernandes Sequeira. Er ist 1949 geboren, dem Jahr der kommunistischen Revolution in China, die die Fluchtbewegungen auslöste. Im Jahr 1976 kam der Jesuit nach Macau und arbeitet seither für den Ausbau einer der ältesten christlichen Missionsstationen im chinesischen Raum.

Das Santa Casa da Misericordia, im Jahr 1569 auf Anweisung des Bischofs von Macau errichtet, war die erste westliche Sozialstation auf chinesischem Boden, es diente als Krankenhaus sowie als Witwen- und Waisenheim. Auch bei der Versorgung und Aufnahme der Hongkong-Flüchtlinge war dessen Unterstützung gefragt.

Der Aufstieg zum Casino-Mogul

Nicht alle Flüchtlinge waren auf die Unterstützung der Jesuiten angewiesen, ein Student aus Hongkong, der im Jahr 1942 vor der japanischen Besatzung nach Macau geflohen war, konnte sich nach kurzer Zeit selbst helfen. Er arbeitete zuerst für eine Import-Export-Firma, bald darauf stieg er in den Kerosinhandel und ins Schmuggelgeschäft ein – später schaffte er es, der alteingesessenen Familie Fu, die für lange Zeit die Casino-Lizenzen für Macau hatten, ihr Monopol abzuluchsen.

Der Flüchtlingsjunge von damals ist heute über 90 Jahre alt und einer der reichsten Chinesen. Sein Geld hat er etwa mit Fähren und Casinos gemacht. Stanley Ho, zu dessen Casino-Imperium das Casino Lisboa, das Casino Fortuna, das Golden Dragon und das Casa Real gehörten, machte nicht nur sich selbst reich, er brachte auch der verarmten portugiesischen Kolonie einen Schub in Richtung Wohlstand und Moderne.

Die Casinos spülten Geld in die Staatskasse und veränderten auch die Architektur, das knapp 260 Meter hohe „Grand Lisboa“, das vor zehn Jahren fertiggestellt wurde, ist geformt wie eine Lotusblüte und wirkt futuristisch. Mittlerweile ist Macau das größte Glücksspielparadies der Welt, und genau das hat die Millionenstadt einem ehemaligen Flüchtlingsjungen zu verdanken. Weitere Informationen unter www.macaotourism.gov.mo.

Rainer Heubeck