Türkei

Heißer Tee für Touristen

Immer noch ein beschaulicher Ort: der Hafen von Fethiye.

Lykien: Fethiye ist kräftig gewachsen, pure türkische Lebensart geblieben

Gewürzstand in der Altstadt von Fethiye. Fotos: mc

In Murats Teeküche flackert ein grünes Lämpchen auf. Es rauscht, dann meldet sich eine Stimme. Murat bückt sich und klebt sein Ohr an die Gegensprechanlage: "Hier ist Emre. Bring mal schnell zwei Tees zur Mole, ich warte auf meinem Boot!"Sofort legt Murat los und beginnt an seinem klobigen Teekocher, dem Semaver, zu hantieren. Es sprüht, es dampft und tropft. Heißer Tee rinnt in die typischen türkischen Tulpengläser mit dem Goldrand. Mit seiner Teeküche, auf Türkisch: Batuberk, versorgt Murat die Altstadt und den Hafen von Fethiye mit dem Nationalgetränk.

Sein Cay wird bei jeder Gelegenheit gereicht: zum Handeln und Feilschen oder um Segler und ihre Crews in Fethiye zu begrüßen. Über nostalgisches Drahtgewirr sind Geschäfte, Kioske und das Hafenbüro mit Murat verbunden. Im Stechschritt eilt er durch das lebendige Basarviertel zum Yachthafen. Vorbei an Bergen von Gewürzen und Gemüse, vorbei an Teppich- und Textilgeschäften, romantischen Fischrestaurants und einfachen Kebap-Buden und schließlich die Uferpromenade entlang. Die modernisierte Marina befindet sich nur einen Steinwurf von Murats Teeküche entfernt. Trotzdem beeilt er sich. "Die Kunden wollen heißen Cay" entschuldigt Murat seine Hektik.

Ansonsten geht es in Fethiye sehr gemütlich zu. Im Hafen schaukeln die Boote in der Abendsonne. Auf einem Schiff wird das Segel eingeholt, Gewinde knarzen, Feierabendstimmung. Emre ist Kapitän eines Gulets, einem türkischen Zweimaster aus Holz. In der Hochsaison dümpeln sie zu Hunderten vor der lykischen Küste herum. Der Golf von Fethiye ist ein beliebtes Ziel für Segler. Dutzende vorgelagerte Inseln und Inselchen, verborgene kleine Traumbuchten - hier findet jeder seine Nische zur Erholung. Das Wasser weist mehrere Monate im Jahr Badewannentemperatur auf. Mit den Gulets lassen sich Touristen durch den Golf von Fethiye schippern. Immer auf der Suche nach der nächsten Traumbucht. Und die befindet sich in der Regel gleich um die nächste Ecke.

Fethiye ist ein bedeutender Startpunkt nach Ölüdeniz. Jene berühmte, zauberhafte Lagune, die auf zig Postkarten und Türkei-Postern verewigt ist. Das Meerwasser ist hier nicht nur auf getunten Fotos unbeschreiblich türkis, sondern auch in Echt. Das klare Wasser bietet Schnorchlern perfekte Bedingungen.Ölüdeniz liegt ein paar Seemeilen südlich von Fethiye und gehört ebenfalls zur lykischen Küste.

In den vergangenen Jahren ist der Betrieb auf der schmalen Landzunge spürbar angeschwollen. Sogar ambulante Kebap-Buden auf dem Wasser wurden schon gesichtet. Um den Trubel einzudämmen, wird für einen Strandbesuch ein Obolus verlangt. Das Eintrittsgeld zum schneeweißen Strand wird als Ticket für den umliegenden Naturpark verkauft. Ruhesuchende und Genusssegler haben im Golf von Fethiye zahlreiche Alternativen. Etwa die Bucht der Hotelanlage Hillside Beach Club. Ihr idyllischer Strand wurde gar schon zum schönsten Blauen-Flagge-Strand der Türkei erkoren.

Trotz der Traumbuchten und -strände in der Umgebung ist es in Fethiye relativ beschaulich geblieben. Kein Vergleich mit dem Halligalli von Marmaris oder Antalya. Weiterer Vorteil für Transitgeplagte: Fethiye ist vom Urlauberflughafen Dalaman nur rund eine dreiviertel Autostunde entfernt. Das schätzen jene, die es eher entspannt, ja fast familiär wollen. Und das, obwohl Fethiye stark gewachsen ist: In den neunziger Jahren hatte das Hafenstädtchen noch 20.000 Einwohner, heute sind es über 60.000. Hochhäuser oder Hotelburgen sucht man dennoch vergebens.

Teekocher Murat ist darüber nicht unglücklich: "Fethiye hat seinen Charakter bewahrt", sagt er. Solange es heißen Cay mit viel Zucker gibt, sind alle glücklich - Händler und Besucher.
Martin Cyris
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