Slowenien

Des Teufelsgeigers Freilichtbühne

Wie gemacht zum Bummeln: Piran an der Adriaküste. Foto: cd

Piran ist das Schmuckstück der slowenischen Adriaküste

Sankt Georg hängt sein Fähnchen wortwörtlich in den Wind. Als Stadtpatron ziert der Heilige den Turm der Kathedrale und dreht sich je nach Richtung der Böen. Der Dom liegt auf der Klippe einer Halbinsel, die sich keck ins leuchtende Grünblau der Adria hinaus schiebt. Der Kirchturm selbst präsentiert sich höchst pittoresk, ist er doch dem Campanile von San Marco in Venedig nachempfunden. Sankt Georg auf seiner Spitze muss zwar tagsein tagaus den Windböen trotzen, aber der Blick, den er von seinem Arbeitsplatz aus auf die malerische Altstadt hat, ist überwältigend schön.

Slowenien ist ein junger, nicht einmal zwanzig Jahre alter Staat, dessen Touristiker noch immer Aufklärungsarbeit zu leisten haben, damit das Land nicht mit der Slowakei oder der ostkroatischen Region Slawonien verwechselt wird. Nur halb so groß wie die Schweiz ist das Land und dabei so gepflegt und aufgeräumt, als sei das ganze Jahr Kehrwoche. Seit 2004 gehört das Land zur EU, seit 2007 wird mit dem Euro bezahlt.

Nicht einmal fünfzig Kilometer Adriaküste hat Slowenien, aber mit Piran hat es eine wahre Perle zu bieten. Die Altstadt erstreckt sich auf einer nur etwa einen Kilometer langen Landzunge in ost-westlicher Richtung. Piran ist also überschaubar und wäre schnell erlaufen. Wenn man sich denn eilen wollte! Der Heimatort des "Teufelsgeigers" und Komponisten Giuseppe Tartini präsentiert sich mit seinen Festungsmauern, dem Fischer- und Seglerhafen und den engen Gassen in schönster mediterraner Romantik. Auf dem Hauptplatz, ein blitzsauberes Oval aus weißem Marmor, das in der Sonne wie eine Eisfläche gleißt, steht der Geiger mit hoch erhobenem Bogen vor einem glutrot leuchtenden Palazzo. So kompliziert und schnell getaktet erschienen seine Kompositionen, dass nur der Teufel persönlich sie ihm eingegeben haben konnte.

Der Tartiniplatz war einst ein Hafenbecken, das als Müllkippe benutzt wurde. Das ging den adretten Slowenen schon vor über hundert Jahren gegen den Strich. Die stinkende Lache wurde zugeschüttet und in einen öffentlichen Freiluftsalon mit blütenweißer Pflasterung verwandelt. Seither drehen auf dieser Bühne alle kleinen Piraner die ersten Runden auf dem Dreirad oder Roller.

Piran ist wie gemacht zum Bummeln. Überall locken Cafés, in denen der Cappuccino genauso köstlich schmeckt wie im nahen Triest. Und überall finden sich gemütliche Kneipen und Restaurants mit mediterraner Küche. Der Ort verdankt seine Eleganz den Handelsverbindungen mit Venedig. Verkauft wurde unter anderem das in nahe gelegenen Salinen gewonnene "Weiße Gold".

Heute legen im Hafen nur noch Fischerboote und Segelyachten an. Wenn am letzten April-Wochenende die Stadt ihr Georgsfest feiert und um den Hafen herum blank polierte Oldtimer stehen und historische Boote auf den Wellen schaukeln, ist die Idylle perfekt. Im Sommer gibt es auch eine Schiffsverbindung zum benachbarten Ferienort Portoroz, in dem sich die meisten Hotels finden. Hinter Portoroz liegen uralte Salzgärten und die Grenze zu Kroatien. Noch endet die EU genau hier.
Claudia Diemar