Schweden

Die Sommerfrische der schwedischen Könige

Schwedens sonnenreichste Insel: sattrot getünchte Holzhäuser auf Öland.

Öland: Wo Silvia & Co die Ferien verbringen

Die hölzernen Bockwindmühlen: Einstmals gab es etwa 2.000 davon auf Öland, heute sind noch gut 400 erhalten. Fotos: hs

Und wieder hat irgendeiner vergessen, den Mond zur gewohnten Zeit zu hissen und die Sterne ans Firmament zu kleben – weil ein anderer zuvor versäumt hatte, die Sonne einzuholen. Seit ein paar Wochen geht das schon so. Und noch für ein paar weitere. Im Hochsommer hängt sie auch abends um zehn noch da oben, leuchtet die Wiesen rund um knallrot getünchte hölzerne Bockwindmühlen romantisch aus und scheint den Menschen auf Öland in die Seele: denen, die gerade das Boot klarmachen, um noch für zwei Stunden segeln zu gehen. Den anderen, die noch schnell zum Baden in die Ostsee steigen und anschließend am Strand Fisch grillen.

Und den Leuten, die irgendwo in der Heidelandschaft des Binnenlandes die Picknickdecke ausgebreitet haben – oder einfach auf der Ferienhausterrasse hocken und die langen, hellen Tage und die kurzen milden Nächte des Nordsommers in vollen Zügen genießen. Es duftet nach frisch gemähtem Gras, irgendwie nach Sommerleichtigkeit.

Manchmal spaziert ein älterer Herr mit Brille und schütterem Haar vorbei, der kurz grüßt, hier und da ein bisschen plaudert, dann in einen ‧Volvo PV60, Baujahr 1946 einsteigt und weiter über seine Lieblingsinsel tuckert. Irgendwie kommt einem der Mann bekannt vor, irgendwo hat man auch seine attraktive, dunkelhaarige Frau schon mal gesehen. Im öländischen Sommer sind die beiden allgegenwärtig. Und erst wenn sie wieder außer Sichtweite sind, fällt bei den meisten der Groschen: dass sie gerade ein paar Worte mit König Carl Gustaf und Königin Silvia von Schweden gewechselt haben.

Typisch skandinavisch geben sie sich nahbar und völlig normal, sind ganz ohne Brimborium unterwegs. Jeder Kellner auf der Insel hat Anekdoten parat, kennt den Lieblingstisch der beiden in seinem Restaurant, und fast jeder Eisverkäufer weiß die aktuelle Lieblingssorte der beiden – auch dass Carl Gustaf gemeinsam mit Silvia die Kuchensorten aussucht und abschmeckt, die im Café des öffentlich zugänglichen Schlossparks auf die Karte kommen. Sein Favorit ist Baiser mit Nüssen, ihrer ist Chokladbollar, am ehesten vergleichbar mit einer Rumkugel.

Die schönsten Monate des Sommers verbringt die schwedische Königsfamilie traditionell in ‧ihrem weißen Schloss Solliden bei Borgholm gut drei, vier Autostunden südlich von Stockholm auf der Insel Öland. Macht nichts, dass das große, 1906 in italienischem Stil errichtete Schloss keine Heizung hat. Denn nirgendwo in Schweden weist die Statistik mehr Sonnenstunden aus als auf Öland, dieser 137 Kilometer langen und nur maximal 16 Kilometer breiten Insel, die seit 1973 durch eine lange Brücke über den Kalmarsund mit dem Festland verbunden ist.

Und sollte es doch mal zu frisch werden, kann Familie König einen Ofen im Erdgeschoss anfeuern lassen – oder sich bei Hofgärtner Stefan Andersson-Junkka aufwärmen. Der wohnt mit seiner Familie ganzjährig in einem kleinen Häuschen auf dem Gelände – und hat dort Zentralheizung.

„Wir haben auf Öland gezeltet, in Hängematten geschlafen, konnten uns hier immer frei bewegen“, hat Königin Sylvia mal in einem Interview gesagt. Als ihre Kinder noch klein waren, haben sie hier oft Reitausflüge in der Alvaret-Heide im Süden gemacht oder Touren mit dem Ruderboot auf dem Kalmarsund – nicht anders als die ‧Urlauber, die sich eines der verstreut liegenden Ferienhäuser gemietet haben: kleine Holzhäuser meist, oft dicht am Meer, fast immer dunkelrot getüncht. Und selten allzu nah beieinander.

Helge Sobik
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