Griechenland

Athen: Lebenslust trotz Krise

Die Oper im neu gebauten Kulturzentrum in Athen

Die Oper im neu gebauten Kulturzentrum in Athen. Foto: Yiorgis Yerolympos

Im Herbst eröffnet dort ein gigantisches Kulturzentrum

Das soll die Hauptstadt eines Landes in einer bitteren Finanzkrise sein? Athen-Gäste erwartet ein blitzblanker, vortrefflich organisierter Flughafen. Mit einer U-Bahn, wie es sie moderner in Europa kaum gibt, geht es dann in die Innenstadt. Erst wenn Besucher die Station Syntagma unterhalb des Parlamentsgebäudes verlassen, begegnet ihnen Armut: Scharen von zum Teil auffallend jungen Bettlern bitten um Almosen. Und wer dann dem Omonia-Platz zustrebt, sieht massenhaft Zeichen der Krise: verrammelte Ladenlokale und ungezählte Straßenhändler mit Ramschware.

30 Minuten zum Strand
Dennoch strotzt die Stadt vor lauter Lebenslust. Abends bis spät in die Nacht sind die Tavernen, Bistros und Restaurants in den angesagten Stadtvierteln rappelvoll. Mehr Einheimische als Touristen bestellen Gerichte, bis kein Platz mehr auf dem Tisch ist, lauschen der Musik oder tanzen mit, wenn es sie nicht mehr auf den Stühlen hält. Dabei ist Athen keine günstige Stadt, Ausgehen ist dort teurer als in Berlin.

Touristik-Manager wie Alexandros Vassilikos, Präsident der Hotelvereinigung von Athen und Attika, setzen wohl zu Recht auf die Billigflieger, die erst seit drei, vier Jahren Athen zum Ziel haben: Die griechische Hauptstadt soll sich zu einer begehrten Destination für City Breaks mausern.

Sollten die diversen Werbekampagnen fruchten, die zu diesem Thema laufen, geht das Geschäft allerdings weitgehend an der deutschen Reisebranche vorbei: Konstantina Roussou vom Athener Convention & Visitors Bureau rechnet vor allem mit Selbstbuchern.

Dafür spricht auch, dass den 26.000 Hotelbetten in Zentralathen geschätzte 25.000 Betten des Buchungsportals Airbnb gegenüberstehen. Es sei denn, deutsche Veranstalter propagieren eine Tatsache, die den deutschen Besuchern meist unbekannt ist: In weniger als einer halben Stunde gelangen sie mit der neuen Tram von der Athener Innenstadt an einen der schönen attischen Strände mit Blauer Flagge.

Documenta kommt nach Athen
Roussou hofft zudem auf Kulturinteressierte für die Nebensaison. Im kommenden Herbst wird in der Nähe der Olympischen Arena ein gewaltiger Kulturkomplex eröffnet: die bereits vorab sehr gerühmte Nationaloper, die Nationalbibliothek und ein großer Park. Bereits ab März sollen erste Konzerte und Ausstellungen stattfinden. 566 Millionen Euro hat das Werk des Stararchitekten Renzo Piano gekostet, finanziert aus Stiftungsgeldern der weltweit operierenden Stavros Niarchos Foundation.

Und ein weiterer Grund, in kommenden Jahr in die griechische Hauptstadt zu reisen: Erstmals erhält die Documenta einen Ableger außerhalb von Kassel, und zwar in Athen (8. April bis 16. Juli). Das Motto: „Von Athen lernen“.
Horst Schwartz
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