Frankreich

La Manche: Idylle am Ärmelkanal

Geschichtsträchtige Touren in der Normandie

Dunkelblaue Hortensien, grüne Weiden mit schwarz-gefleckten Kühen und Apfelbäume, wohin man schaut. Die nach dem Ärmelkanal benannte Region La Manche in der Normandie empfängt Besucher in leuchtenden Farben, zumindest im Sommer. Ganzjährig präsent sind die Häuser aus Granit in allen Größen, vom eindrucksvollen Anwesen mit parkähnlichem Grundstück bis zum kleinen Hexenhäuschen weitab vom Schuss in kleinen Dorfkommunen mit schier unaussprechlichen Namen wie Saint-Hilaire-du-Harcouet oder Villedieu-les-Poeles.

Gut integrierte Briten
Viele dieser Häuschen werden als Ferienunterkünfte vermietet oder vorwiegend von Engländern bewohnt, welche die Normandie als Alterssitz auserkoren haben – wie Lesley und Rene Verbrugge. „Die Häuser auf dieser Seite des Kanals sind wesentlich günstiger als in Süd‧england“, erzählt er. Außerdem sei die Region nur einen gefühlten Katzensprung von der Heimat entfernt, wenn die Sehnsucht einmal besonders groß ist.

Rene hat vor 16 Jahren ein altes Bauernhaus in Le Mesnil-Tove in der Region Avranches gekauft, inklusive eines zweiten Gebäudes und eines separaten Backofens auf dem riesigen Gelände. Drei Jahre später ließ auch Lesley die englische Heimat hinter sich und folgte ihm. Gemeinsam bepflanzten sie den Garten mit unzähligen Sträucher- und Blumenarten, bauten Gemüse an und verwandelten die ehemaligen Bauernhäuser in charmante, ländliche Kleinode.

„Wir sind hier gut integriert“, sagt Lesley. Vielen anderen ihrer Landsleute gelinge das nicht und sie kehrten der Normandie meistens nach ein, zwei Jahren enttäuscht den Rücken. „Man muss natürlich etwas dafür tun“, so Lesley weiter. „Zwar sprechen viele Leute in der Region auch Englisch, das reicht aber nicht, um wirkliche Freundschaften zu knüpfen.“

Urlauber, die etwa in dem kleinen Häuschen „La Petite Claire“ nebenan ihre Ferien verbringen, lädt das gastfreundliche Ehepaar gern zur Gartenbesichtigung ein. Und auch das ein oder andere Kräutersträußchen und Glas mit selbst gemachtem Chutney werden über den Zaun gereicht.

Ausflug zum Mont-Saint-Michel
Le Mesnil-Tove ist eine Oase der Ruhe und ein ländliches Idyll. Es ist aber auch Ausgangspunkt für Tagesausflüge in die Region. Die berühmteste Sehenswürdigkeit der Normandie, der Mont- Saint-Michel, ist in einer Stunde mit dem Auto erreichbar. Der Klosterberg mit der riesigen Benediktiner-Abtei, den die Franzosen „La Merveille“, das Wunder nennen, liegt einen Kilometer vom französischen Festland entfernt. Besucher erreichen ihn über eine neue Stelzenbrücke zu Fuß oder mit dem Bus.

Vom Klosterberg aus sind es nur wenige Kilometer bis zur bretonischen Grenze und etwa eine Stunde bis nach Saint-Malo. Die Hafenstadt zählt wegen ihres historischen Stadtkerns und der Festungsanlagen zu den meistbesuchten Orten in Frankreich. Bei einem Rundgang über die Stadtmauern von den Bastionen zum Turm bietet sich ein schöner Blick auf die Strände, den Hafen und die Forts.

Weniger groß ist der Andrang am feinen Sandstrand von Dragey, nur rund eine halbe Stunde von Le Mesnil-Tove entfernt. In weiter Ferne erhebt sich der Mont-Saint-Michel aus dem Wasser und von der kleinen Strandbar aus können die Besucher die Gezeitenwende beobachten. Die Bar wird von einem jungen Paar gemanagt, das selbst gemachte Pizza und Getränke anbietet – einfach, günstig und in herrlich unkomplizierter Atmosphäre.

Dior-Kleider und Soldaten
Auf dem Weg nach Norden Richtung Cherbourg folgt ein Strand dem anderen. Das Seebad Granville auf halber Strecke lohnt allerdings nicht nur deshalb einen Besuch, sondern auch wegen seines originellen Museums. Das Musee Christian Dior in der ehemaligen Villa des Modeschöpfers zeigt Originalkreationen des Meisters, die zum Teil von berühmten Persönlichkeiten getragen wurden, etwa das Hochzeitskleid von Ex-Kaiserin Soraya von Persien.

Geschichtsträchtig ist eine Tour an die Küste des Ärmelkanals zu den Landungsstätten der Alliierten vom 6. Juni 1944. Rund anderthalb Stunden Fahrt sind es beispielsweise zum Omaha Beach in Saint-Laurent-sur-Mer. Wo heute Familien vergnügt ins Wasser springen, ließen damals Tausende Soldaten bei der Operation „Overlord“ zur Befreiung Europas ihr Leben. Einen bleibenden Eindruck davon hinterlassen nicht nur die zahlreichen Bunker und Gefechtsüberreste in den Dünen, sondern auch der amerikanische Friedhof oberhalb des Ohama Beach mit mehr als 9.000 Gräbern.

Susanne Freitag
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