Griechenland

Kalymnos: Schatz aus dem Meer

Die Insel der legendären Schwammtaucher

Der Schatz aus dem Meer passt in keinen Tresor. Nikolaos Papachatzis stapelt die Beute bis unter die Decke in Regalen. Als Spur legt er Schmuckstücke vor die Tür, um Passanten in seinen Laden zu locken.

Ein paar Schritte weiter schaukelt das Fischerboot von Adonis Kabourakis im Hafen von Pothia. Der knorrige Alte lebt hier Tag und Nacht: Der 77-Jährige mag das Meer eben mehr als das Land und bietet das weiche Gold, selbst ertaucht in fünf Jahrzehnten, körbeweise an. Den Großhändlern auf der anderen Seite des Kais kann er aber nicht das Wasser reichen: Panos Haramis und Manolis Makryllos lagern viele Tonnen der Ware. Alle Männer leben von und für ein Wunder der Natur – Schwämme.

Klein, karg und bergig

Kalymnos liegt im Südosten der Ägäis zwischen Kos und Leros. Gerade mal 21 auf 13 Kilometer: Sie ist eine der kleinsten bewohnten Inseln Griechenlands, wildschön, karg und bergig. Im fruchtbaren Tal von Vathy wachsen zwar Orangen. Doch sonst ist hier mit Landwirtschaft nicht viel zu holen.

Das trieb die Menschen schon immer hinaus aufs Meer. Wie sie dort gelebt und was sie dort erlebt haben, über und unter Wasser, erzählt in Pothia das Nautische Museum. Kalymnos war bei Seeleuten im Mittelmeer bekannt für mutige Männer, die tief tauchen, um Naturschwämme zu ernten. Und noch immer suchen einige auf dem Grund des Mittelmeers nach den wunderlichen Geschöpfen.

Schwämme sind keine Pflanzen, sondern Tiere. Die Taucher ernten sie von Hand in der Ägäis. „Sie sind samtweich, haben die perfekte Struktur und schmeicheln der Haut“, schwärmt Händler Makryllos. Er schnippelt die Schwämme erst mit der Schere in Form. Dann kommen sie in ein Bad aus Salz und Säure, um sie zu säubern und zu bleichen.

Mehrere Dutzend Arten gibt es, mit klingenden ‧Namen wie „Elefantenohr“ (geeignet für Maler und zum Schuheputzen) oder „Bienenwabe“ (fluffig und ideal zum Baden). Sie sind elastisch, widerstandsfähig und saugen mehr Wasser auf als Plastikschwämme. Kaum ein Tourist fährt also ohne ein samtiges Souvenir nach Hause.

Wer nach Kalymnos reist, fliegt in der Regel mit Aegean zur Nachbarinsel Kos und nimmt die Fähre. Dort steht man mit vielen Tagesausflüglern an der Reling. Im Hafen von Pothia liegen auch Segelboote aus dem nur 17 Kilometer entfernten türkischen Bodrum.

Zahlreiche Unterkunftsmöglichkeiten

Doch wer die entspannt-charmante Insel erkunden will, sollte hier übernachten. Entweder in Hotels wie der Villa Melina, die früher einem Schwammhändler gehörte und nun von dem aus Aachen in die Heimat zurückgekehrten Adonis Antonoglu geführt wird. Die Veranstalter bieten zudem Unterkünfte in den Badeorten Myrties und Massouri.

Taucher zieht es weiter in den Norden, um die Riffe vor Skalia und Emborios zu erkunden. Hier ist im Frühling und Herbst, wenn auf anderen Inseln die Bürgersteige hochgeklappt sind, auch viel los: Die Berge sind ein beliebtes Ziel für Sportkletterer.

Helge Bendl
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