Bahamas

Hai-Lights im Rausch der Tiefe

Tiefkühlfisch schmeckt besser als schnorchelnde Touristen.

Auf den Exumas sind Hai-Fütterungen selbst für erfahrene Taucher ein Nervenkitzel

Und für den Notfall steht die breitschultrige Crew bereit. Fotos: mk

Haie sind neugierig. Bereits das Brummen der Motoren und das Ankerwerfen des kleinen Katamarans haben sie angelockt. Etwa 15 Tiere, meist Riffhaie um die zwei Meter lang, umkreisen das Boot. Eine innere Uhr muss den Tieren signalisiert haben: Es ist Dienstagnachmittag und da bringt die „Aquacat“ wieder Futter zum Amberjack Reef auf die Exuma Keys.

Während sich die ersten Taucher und Schnorchler langsam ins Wasser gleiten lassen, wagen sich vor allem Riffhaie bis auf Körperkontakt heran. So ganz ohne Tauchanzug fühlt sich mancher Schnorchler etwas schutzlos und auch ein wenig unwohl, wenn ihn ein Hai beschnuppert: „Gib mir doch mal meine Flossen rein. Mit den Dingern sehen wenigstens meine Füße dreimal so groß aus“, bittet eine Schnorchlerin ihren Begleiter, der lieber an Bord geblieben ist.

Während an der Wasseroberfläche die Haie noch ein paar Schnorchler umkreisen, beginnt für die Taucher die Raubtierfütterung. Ein Crew-Mitglied hat die zu einem Eisklumpen tiefgefrorenen Fischreste fest auf dem Meeresgrund verankert. Der schwimmende Fisch-Kebab lockt zuerst kleine Zebrabarben und Riesengrouper an, bis die Haie gierig ganze Brocken aus der Tiefkühlkost reißen.

Alles ist in Bewegung, schnell und hektisch, scheinbar ohne Plan. Da streift ein Hai schon mal einen der Taucher, schnappt sich einen Fischbrocken, der für einen Bissen viel zu groß ist und verschwindet. Aus der Nähe betrachtet kann man sein nach unten gezogenes Maul sehen. Was für eine fiese Fresse, welch starrer, eiskalter Blick! Du siehst ihn, aber der Hai sieht auch dich. Ein Nervenkitzel auch für erfahrene Taucher.

Zum Glück stehen Menschen für gewöhnlich nicht auf dem Speiseplan von Haien. Dennoch hat jeder Teilnehmer einer Haifütterung vorher eine Haftungserklärung unterschrieben, dass er den Tauchgang auf eigene Gefahr unternimmt. Inzwischen sollen schon mehr als 100.000 Taucher solche Fütterungen beobachtet haben, ohne dass jemand verletzt worden wäre.

Die Farben im außergewöhnlich klaren Wasser leuchten hier derart, dass Astronauten die Inseln selbst vom Weltall aus erkennen können. Für gute Sicht und intakte Korallenriffe sorgt der Golfstrom, der wie eine schützende Barriere wirkt. Selbst nachts gibt es noch genügend zu sehen, wenn Kraken, Tintenfische, Hummer und Moränen aktiv sind und die meisten anderen Fische am Riff schlafen. Vom Boot aus betrachtet glimmen die Taschenlampen der Nachttaucher unter Wasser wie Glühwürmchen, die kleine Lichtschneisen ins Grün des Unterwasserparadieses schlagen. 365 Inseln gibt es auf den Exumas, für jeden Tag eine.
Margit Kohl