Guatemala

Livingston: Flussfahrt in die Karibik

Straßenszene in Livingston mit Garifuna-Mann

Die Stadt ist nur per Bootstour über den Rio Dulce erreichbar

Klassenhütten in Ak’Tenamit, Fotos: og

Lautes Geschrei in den Baumwipfeln: Kormorane und Silberreiher machen sich die besten Plätze auf der kleinen Insel streitig. Die Wasserwelt des Rio Dulce ist ein Vogelparadies: Bunt schillernde Exemplare staken über Teppiche aus Wasserhyazinthen, in den Wäldern leben skurril klingende Arten wie die Braunschwanzamazilie.

Bootsführer Ricardo wirft den Motor wieder an und steuert Richtung Osten. Die Stadt Livingston an der Karibikküste Guatemalas ist nur per Boot über den rund 40 Kilometer langen Flussabschnitt zu erreichen. Einbäume mit Fischern der Maya-‧Bevölkerung dümpeln auf dem Wasser, ihre Holzhäuser auf Stelzen säumen die Ufer.

Ricardo biegt für einen Abstecher in den Rio Tatin. Immer enger rücken die von Bromelien bedeckten Bäume zusammen, bis schließlich der Anleger des Schulprojektes Ak’ Tenamit in Sicht kommt – ein regulärer Zwischenstopp auf geführten Touren. Hier wartet bereits Douglas, 15 Jahre. Jeder Besucher ist für ihn und seine Mitschüler ein ideales Trainingsobjekt: Der Maya-Nachwuchs wird hier für den Tourismus ausgebildet.

Ak’ Tenamit ist ein außergewöhnliches Internat, getragen durch eine NGO: Die Kinder lernen neben Englisch und Spanisch auch ihren Maya-Dialekt Kekchi. Sie bauen ihr Essen selbst an, ein Maya-Priester unterrichtet sie in traditionellen Tänzen. Vor allem aber werden sie mit Praktika fit für einen Job gemacht.
Douglas führt durch die strohgedeckten Klassenhütten und in die Küche, wo Mädchen und Jungs – Gleichberechtigung wird hier großgeschrieben – Tortillas backen. „Meine Eltern zahlen dafür 50 Quetzales (rund sechs Euro) Schulgeld im Monat“, sagt Douglas, „und einen Sack Mais oder Bohnen.“ Den Rest finanzieren Paten aus aller Welt.

Auf der Weiterfahrt türmen sich die Kalkfelsen immer höher, es geht durch einen tiefen Canyon. Dann spuckt der Rio Dulce das Boot in seine breite Mündung in der Amatique-Bucht aus. Pastellfarbene Holzbauten und halb versunkene Schiffe kündigen Livingston an. Livingston ist die Heimat der Garifunas, Nachfahren schwarzer Sklaven und indigener Kariben. Allen Anfeindungen zum Trotz gelang es den Garifunas, ihre Legenden, Tänze und den Ahnenkult afrikanischen Ursprungs zu erhalten – die Traditionen wurden 2008 zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt.

Alles ist schön bunt in der 50.000-Einwohner-Stadt Livingston: die wackligen Kolonialhäuser neben halbfertigen Betonbauten, die dreirädrigen TukTuks, die hupend durch die Straßen sausen. Und die Gewänder der Garifuna-Frauen, die sich mit ‧Regenschirmen vor dem gleißenden Sonnenlicht schützen. Afrikanisches Flair im Land der Mayas. Der Abstecher an die Karibikküste ist unter anderem bei Geoplan buchbar.
Oliver Gerhard
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