Ecuador

Mit Kind zum Kegel

Dass der Ausflug in die Paramo-Steppe zu Pferd und nicht zu Fuß stattfindet, hat gute Gründe: Auf 3.500 Metern Höhe ist der Sauerstoff knapp.

Die Anden als Familienreiseziel – ein atemloser Selbstversuch

Der Cotopaxi ist der höchste freistehende aktive Vulkan der Erde. Fotos: fh

Nur nicht zu fest an den Zügeln ziehen und immer ruhig bleiben: „Das sind Arbeitstiere“, mahnt der Rancher Pedro und fügt, ein wenig furchterregend, noch hinzu: „Die merken sofort, wenn der Reiter keine Ahnung hat.“ Dunkelbraun gebrannt, mit Poncho, Hut und dem stählernen Blick, den man sonst nur aus Karl-May-Romanen kennt, erteilt Pedro von der Öko-Ranch Hacienda Porvenir seine Anweisungen. Dann galoppiert er an die Spitze der Reitergruppe.

Hinter ihm zockeln rund zwanzig Deutsche bergauf, während der Atem in kleinen Kondenswölkchen davonfliegt. Dass der Ausflug in die Paramo-Steppe zu Pferd und nicht zu Fuß stattfindet, hat gute Gründe: Auf 3.500 Metern Höhe ist der Sauerstoff knapp. Und das ist erst der Anfang der Reise.

Zwei Wochen geht es durch Ecuador, davon acht Tage im Hochgebirge der Anden. Als Gruppenreise – mit Kind. Wer solche Pläne unvorsichtigerweise vor dem Abflug in der Nachbarschaft ausposaunt, kommt nicht nur in den Verdacht erheblichen Reichtums, sondern auch des vorgezogenen Sauerstoffmangels. Geht das überhaupt? Immerhin fast die Hälfte der Teilnehmer ist zwischen 9 und 16 Jahre alt und das Programm ziemlich stramm: Zwei Tage in der Hauptstadt Quito, ein Ausflug zum Indianermarkt in Otavalo und eine Expedition in die Nebelwälder, dann geht es zur Sache. Die Hacienda Porvenir liegt am Fuß des Vulkans Ruminahui, zur Akklimatisierung gibt es den Spaziergang zu Pferd.

Dieses bequeme Zugeständnis an die Faulheit ist nicht nur der dünnen Luft geschuldet: In atemberaubend kalten Böen treibt der Wind den feinen Staub der Steppe vor sich her und sorgt dafür, dass man die Anden nicht nur mit Augen und Ohren, sondern auch auf Lunge erlebt.

Der staubige Ritt am Ruminahui ist freilich nur der Auftakt zum eigentlichen Ziel der Reise, dem 5.897 Meter hohen Vulkan Cotopaxi. Der Weg dorthin ist eine Lektion in Einsamkeit. Während der Bus über die schlechte Piste röchelt – genauso wie seine Insassen, die oberhalb der 4.000-Meter-Grenze schier auf dem letzten Loch pfeifen – tauchen am Horizont die verschiedenen 5.000er-Gipfel auf – und natürlich der Cotopaxi, der höchste freistehende aktive Vulkan der Erde. Während die Eltern begeistert schier an der Busscheibe kleben, zeigen sich die Jugendlichen erstaunlich gelassen ob der imposanten Eindrücke: Der Pubertäts-Knigge verbietet es, die Schönheit der Landschaft mit uncool-poetischen Worten zu würdigen.

Am Parkplatz auf 4.500 Metern angekommen, weht der Wind eine dicke Portion Realität in die Gruppe: Nur drei der Jugendlichen schaffen den Aufstieg zur 300 Höhenmeter weiter oben liegenden Schutzhütte, denn der Wind fegt mit solch einer Gewalt über den kahlen Boden, dass man sich zum Atmen wegdrehen muss, während die Kieselsteine auf den Rücken prasseln. Doch der hart erkämpfte Blick über die weite Landschaft ist spektakulär – übrigens auch vom Parkplatz aus.

Kein Wunder, dass die Szenerie geradezu zu einer Zwischenbilanz einlädt. Jugendliche und Eltern sind sich atemlos einig: Einfach ist die Reise nicht, aber ein einmaliges Erlebnis – und die Anden familienkompatibler als gedacht: Egal, ob Klima, Höhe oder die einheimische Kost – alles machbar, auch ohne die letzten 300 Meter.

Françoise Hauser

 

Buchunsinfos
Buchbar sind Familienstudienreisen in die Anden beispielsweise bei dem Veranstalter For Family Reisen unter www.familien-reisen.com.

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