Marokko

Orient à la carte

Fantasia-Event: Pulverdampf und geschmückte Pferde.

Auf Entdeckungstour in der Königsstadt Fes

Auf dem Souk in Fes. Fotos: kb

Das authentische Marokko ist in Fes lebendiger denn je. Eine der vier Königsstädte, wo König Mohammed VI. oft zu Besuch ist, präsentiert sich als Schatztruhe des Orients. 860 entstand hier die erste arabische Universität. Seither ist Fes geistiges Zentrum Marokkos. Die verschachtelten Häuschen und schlanken Minarette der Medina sieht man vom Balkon des Hotels über den Garten hinweg. 15 Minuten geht man zur ockerfarbenen Stadtmauer.

Dahinter liegt eine andere Welt, in der das Leben pulsiert. Es wird gehämmert, genäht, gekocht, gehandelt. Am mächtigen, mit grünen Fayence-Kacheln verzierten Boujeloud-Tor führt eine steile Treppe hinauf zur Dachterrasse. Im Dunst sieht man Berge, vorn die Medersa Bou Inania, eine Koranschule aus dem 14. Jahrhundert. Der Minztee tut gut bei der Hitze. Aus der Küche einen Stock tiefer bringt ein Mann Teller mit duftender Tarte. Es ist Pastilla, ein aus Eiern, Hähnchen und Mandeln gebackener Kuchen mit Safran und Koriander.

Der blonde Kellner ist Berber und empfiehlt wiederzukommen: zum Festival sakraler Musik im Juni, wenn sich in Fes Musiker aus aller Welt treffen.
Nachmittags wird es lebendig in den Souks. Frauen in roten Kapuzenkaftanen deuten mit Händen voller Hennamuster auf Babuschen. Hoch türmen sich die Lederlatschen, paarweise ineinander gesteckt. Ins Leder geritzte Ornamente und Ziernähte machen sie zu Kunstwerken. Die schmale Sandale stimmt erst, wenn man eine Nummer größer nimmt. „Comme adidas Berber“ grinst der Verkäufer und hebt den Daumen.

Formen- und Mustervielfalt nimmt anders wahr, wer Handwerker beobachtet. Ohne Schablone schneiden und zeichnen Schreiner, Schuster und Fayencemaler Ornamente aus dem Gedächtnis auf. Proportion und Symmetrie stimmen immer. Mit Leidenschaft bei der Sache ist der Kammsäger, der Bäcker oder Heizer, der den Kamin des Hamams befeuert. Hinter manch unscheinbarem Tor offenbart sich ein kleines Paradies. Riads heißen die zu Boutique-Hotels umgebauten Häuser mit musealem Interieur. Ihr Herz ist ein Patio mit achteckig sternförmigem Brunnen, um den sich geometrisch geflieste Räume gruppieren.

Ebenso typisch wie der Riad ist das Reiterspektakel Fantasia. Blütenweiß sind die Gewänder der Reiter, die auf Kommando losgaloppieren und Böllerschüsse in den Himmel abgeben. Geschmückte Pferde wirbeln Sand auf, Pulverdampf liegt in der Luft. In Zukunft soll es die Fantasias auch für Frauen geben. Dafür setzt sich die Tante des Königs ein, eine begeisterte Reiterin. Nach dem Event bringt der Berber eine CD zum Minztee auf die Terrasse am Boujeloud-Tor. „Ein Souvenir aus Fes, damit ihr wiederkommt“, sagt er. Das nehmen wir uns fest vor.
Katharina Brauer
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