Italien

Italien: Im Land der Schlümpfe

Mit den rund gebauten Häusern wollten die Einwohner Alberobellos der Steuer entgehen.

Mit den rund gebauten Häusern wollten die Einwohner Alberobellos der Steuer entgehen. Foto: jm

Apulien bietet alles, was Reisende im Italien-Urlaub suchen

In Apulien ist alles anders. Die Menschen gestikulieren nur halb so viel wie sonst in Italien. Ihre putzigen Zipfelmützenhäuschen sehen aus wie im Comic, und man denkt, gleich kommt ein Schlumpf heraus. Sie wurden gebaut, um der Steuer zu entgehen. Denn nur viereckige Häuser durften im 17. Jahrhundert besteuert werden, für runde gab es keinen Paragrafen.

Das Zentrum der Zipfelmützenhäuser ist Alberobello. Obgleich man die Trulli in der ganzen Region sieht und mit dem Anblick bereits vertraut ist, traut man in Alberobello seinen Augen kaum: Der komplette Altstadtkern besteht aus runden, weiß gekalkten Häusern. Die heidnischen und christlichen Symbole auf den Dächern tragen dazu bei, dass Alberobello wie ein bewohnter Märchenpark wirkt. Die Zeichen gelten als magisch und sollen das Trullo und seine Bewohner schützen.

Wurde der Raum zu knapp, baute man einfach an. So entstanden Rundhausensembles, innen verbunden, außen wie eine drollige Trutzburg aussehend. Das erste, nicht in Trullo-Bauweise errichtete Gebäude der Stadt entstand erst ein gutes Jahrhundert nach dem Steuertrick. Die Unesco hat das Zipfelmützenörtchen zum Weltkulturerbe erklärt.

In Italien kann man kaum vielfältiger zu Abend essen als in Apulien. Ehe man sich versieht, ist der Tisch voll mit kleinen Schälchen: Giuncata-Käse, Wildsalami oder Pulpo? Bezahlt wird nur, was man angerührt hat. Köstlichkeiten auf bis zu 20 Tellerchen und Schälchen stehen zur Auswahl. Kaum ein Mensch bestellt noch ein Secondo, ein Hauptgericht.

Ein weiterer Trumpf, der zahlreiche Urlauber lockt, ist Apuliens Küste. Sie beginnt am Stiefelabsatz und zieht sich über rund 600 Kilometer nach Norden, bis zum Sporn, dem Gargano. Dort warten bizarr geformte Felsbuchten und Fischerorte, wo der Tintenfisch so lange am bloßen Stein geklopft wird, bis er schön weich und zart sowie ohne Tinte ist.

Die Zeit scheint in Apulien stehengeblieben zu sein, und die sonst übliche italienische Hektik weicht Geruhsamkeit. Ob in Monopoli, Locorotondo, Vieste oder in Ostuni: In Apulien atmet man den Hauch der guten alten Zeit, verspürt Harmonie und eine fast vergessene Gastfreundschaft. Apulien ist ein verstecktes Juwel im großen, vereinten Europa.
Jochen Müssig
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