Deutschland

Bayern: Barrierefreie Biergärten

Mit Rampen sorgt die Chiemsee-Schifffahrt dafür, dass auch Rollstuhlfahrer problemlos an Bord kommen.

Mit Rampen sorgt die Chiemsee-Schifffahrt dafür, dass auch Rollstuhlfahrer problemlos an Bord kommen. Foto: aze

Chiemsee wird zur bayerischen Pilotregion eines „Tourismus für alle“  

Das Gebiet rund um den Chiemsee will Pilotregion in Sachen Barrierefreiheit und Vorbild für ganz Bayern werden. Seit das Projekt Ende 2008 offiziell angelaufen ist, war bei den Gastronomen und Hoteliers, den Touristeninformationen und Freizeiteinrichtungen viel Überzeugungsarbeit zu leisten. „Wir müssen unsere Mitgliedsgemeinden verstärkt für dieses Thema sensibilisieren und konnten bereits einiges erreichen“, so Hermann Roth, Geschäftsführer von Chiemsee Tourismus.

Für die Chiemsee-Schifffahrt und die Bergbahnen auf den Wendelstein ist Barrierefreiheit längst normal. An Schiffen und Bahnen sorgen Rampen dafür, dass Rollstuhlfahrer ebenso wie Eltern mit Kinderwagen problemlos an Bord kommen. In Prien wurden Gästeführungen für Rollifahrer und Sehbehinderte entwickelt, die sich barrierefrei auf den Uferwegen bewegen können und von speziell geschulten Experten informiert werden. Und der Bootsverleiher Volkmar Stöffl hat seine Stege schon seit Jahren mit einem Lifter ausgestattet, der gehbehinderte Menschen in die Elektroboote umsetzt. Mit nur wenigen Handgriffen ist das Gestänge am Steg installiert.

Der knapp ein Kilometer lange Weg von der Schiffsanlegestelle zum Schloss Herrenchiemsee wird für Rollstuhlfahrer mit einem kräftigen „Schieber“ zur vergnüglichen Flaniermeile durch den Park und zu den Wasserspielen. Und das Schloss selbst ist mit Rampen und Aufzügen so optimal ausgestattet, dass ohne Schwellen und Stolperfallen in allen bei den Führungen gezeigten Räumen der goldene Pomp des Märchenkönigs bewundert werden kann. Auch die Fraueninsel zeigt sich überwiegend barrierefrei, lässt sie sich doch auf einem geteerten Uferweg ganz umrunden.

Auch sonst werden in der Region immer mehr Barrieren abgebaut, mit viel Ideenreichtum Angebote für Menschen mit Handicap entwickelt. Zum Beispiel auf dem Seppenbauernhof in Bernau. Als Bäuerin Marille Simon vom Projekt „Tourismus für alle“ hörte, war sie sofort begeistert und bereit, ihre Angebote behinderten Menschen zugänglich zu machen. Die Familie Simon bietet als Nebenerwerb Hofbesichtigungen sowie Kutschfahrten mit Brotzeit an – Wurst und Schinken aus eigener Produktion inbegriffen. Damit dies auch für Rollifahrer möglich ist, wurden Hindernisse im Hof und den Pferdeställen beseitigt. „Wir haben auch gleich den Rohbau von unserem neuen Toilettenhäuschen gestoppt und planen nun ein rollstuhlgerechtes WC ein“, so Simon. Auf die Pferdekutsche werden Gäste im Rollstuhl über zwei Auffahrrampen geschoben, und dann steht einer unbeschwerten Kutschfahrt durch die Seelandschaft vor Alpenkulisse nichts im Wege.

Über derart spontanes Engagement freut sich Chiemsee-Werber Roth besonders. Oft seien es nur Kleinigkeiten, die kaum etwas kosten, um die Welt ein wenig mehr barrierefrei zu gestalten. Für die Chiemseer Initiatoren steht außer Frage, dass immer mehr Hotels und Pensionen behindertengerechte Zimmer gestalten werden. Viele Restaurants und – wie könnte es in Bayern auch anders sein – Biergärten sind bereits barrierefrei.

Informationen
Chiemsee Tourismus, Telefon 0 80 51 / 96 55 50, www.chiemsee.de, Johann Kreiter, Vorsitzender der Nationalen Koordinationsstelle Tourismus für alle (Natko), Seminarleiter und Berater für barrierefreien Tourismus, E-Mail kreiter(at)natko.de.

Monika Zeller
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