Reisevertrieb

VUSR-Tagung: Diskussionen über Pauschalreise, Mehrarbeit und Zusammenhalt

VUSR-Chefin Marija Linnhoff (Zweite von links) mit (von links) Jutta Unterbrink, Lena Börjes, Susanne Boroske und Matthias Gläser

VUSR-Chefin Marija Linnhoff (Zweite von links) mit (von links) Jutta Unterbrink, Lena Börjes, Susanne Boroske und Matthias Gläser. Foto: VUSR

Die Idee sei im Zuge der Diskussionen über Overtourism, Nachhaltigkeit und die inner-europäische Entwicklungshilfe entstanden, sagt Marija Linnhoff. Als dann die Differenzen im DRV und die Probleme durch die FTI-Insolvenz dazukamen, stand für VUSR-Chefin fest: Ein Branchengipfel muss her, bei dem eben diese Themen diskutiert werden. Am heutigen Donnerstag beginnt dieser auf Fuerteventura mit zahlreichen Akteuren der Branche, unter ihnen viele Reisebüros. Im Gespräch mit touristik aktuell erläutert Sie unter anderem, welche Chancen sie in diesem Branchen-Event sieht. 

Frau Linnhoff, welche Themen stehen bei der Tagung auf Fuerteventura im Vordergrund?

Marija Linnhoff: Wir haben viele wichtige Themen auf dem Tisch. Ganz oben steht die Zukunft der Pauschalreise, aber auch die Mehrarbeit, die die Reisebüros momentan belastet. Dazu kommt die Frage, wie wir als Branche wieder gemeinsam vorangehen können, nachdem die FTI-Insolvenz und andere Probleme viele aufgerüttelt haben. Ein weiteres großes Thema ist die Nachhaltigkeit und die Verantwortung, die wir als Branche übernehmen müssen.

Sie haben diese Tagung mehrfach als richtungsweisend bezeichnet. Inwiefern?

Linnhoff: Hier kommen die wichtigsten Akteure der Branche zusammen – und was mir besonders wichtig ist: Auch der Vertrieb wird gehört, und das auf Augenhöhe. Die letzten Jahre waren für die Branche, mit zwei Großinsolvenzen und vielen weiteren Problemen, sehr herausfordernd. Dass so viele Leute ohne große Werbung anreisen, zeigt, dass wir einen Nerv treffen. Es gibt einen großen Bedarf an Austausch und Klärung, der über die bisherigen Verbände hinausgeht, und dieses Treffen bietet genau dafür die Plattform.

Welche Gesprächspartner sind vor Ort?

Linnhoff: Es sind viele hochrangige Vertreter der Branche da. Es ist ein Zeichen dafür, dass die großen Player den Dialog suchen. Auch die Reisebüros sind stark vertreten, weil wir ohne sie keine Lösungen erarbeiten können.

Rechnen Sie mit hitzigen Diskussionen?

Linnhoff: Ja, hitzige Diskussionen sind zu erwarten, und das ist gut so. Es geht ja um konstruktive Ergebnisse. Wenn es mal laut wird, ist das völlig in Ordnung, solange am Ende etwas Sinnvolles dabei herauskommt. Wir müssen nicht alle einer Meinung sein, aber wir brauchen eine klare gemeinsame Linie, um voranzukommen.

Ein Thema wird die Zukunft der Pauschalreise sein. Wie sieht diese Ihrer Meinung nach aus? Ist die Pauschalreise noch zu retten?

Linnhoff: Die Pauschalreise bleibt ein starkes Produkt, das den Reisenden Sicherheit bietet – und das wird immer wichtiger. Die Insolvenzen von FTI und Thomas Cook haben den Leuten gezeigt, dass selbst große Marken keine Garantie bieten. Aber die Absicherung durch die Pauschalreise gibt den Kunden Vertrauen, und das schätzen die Deutschen besonders. Es wäre ein Fehler, diese Reiseform aufzugeben. Einige haben es versucht und sahen damit nicht gut aus.

Ein weiteres Thema, das die Reisebüros derzeit umtreibt, ist die nicht enden wollende Mehrarbeit. Was ist Ihr Appell an die Leistungsträger?

Linnhoff: Das ist ein großes Thema. Viele Veranstalter nutzen die Gutwilligkeit der Reisebüros aus. Die Kommunikation stockt, was nur noch mehr Arbeit für die Büros bedeutet, während gleichzeitig oft die Provisionen gekürzt werden. Das ist keine gute Entwicklung. Wir brauchen klare Regeln für den Umgang mit Mehrarbeit und einen fairen finanziellen Ausgleich. Zufriedene Reisebüros sind schließlich die Basis für den erfolgreichen Verkauf der Produkte.

Man hat aktuell das Gefühl, die Branche ist gespalten wie nie zuvor. Lässt sich dieses Verhältnis kitten?

Linnhoff: Ja, ich denke, das geht, aber es wird Zeit und den Willen zur Zusammenarbeit brauchen. Der Vertrieb und die Veranstalter müssen wieder gemeinsam an Lösungen arbeiten. Es bringt niemandem etwas, wenn sich die Branche weiter spaltet. Es geht darum, wettbewerbsfähig zu bleiben und eine starke Position gegenüber der Politik zu haben. Dafür muss jeder bereit sein, Kompromisse einzugehen und konstruktiv zu reden.

Welches Signal wollen Sie mit dieser Tagung aussenden?

Linnhoff: Wir wollen zeigen, dass wir uns nicht auseinanderdividieren lassen. Es ist wichtig, dass die Branche geschlossen auftritt und sich den Herausforderungen gemeinsam stellt. Die kleinen Machtspielchen müssen aufhören. Wir brauchen eine klare Linie und den Willen, diese umzusetzen. Nur so können wir etwas bewegen, und diese Tagung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Ute Fiedler