Deutschland

Meck-Pom: Ein Bier für den Schleusenwärter

Auch wenn das Wasser noch kalt ist: Hausbooturlaub im Frühjahr und Herbst hat seine Vorteile.

Mit dem Hausboot über die Havel-Gewässer

Perfekt ausgestattet: Hausboote sind schwimmende Ferienhäuser. Fotos: mg/Kuhnle Tours

Der Gulasch kocht auf dem Herd, der Tisch ist gedeckt und Schleusenwärter Hartmut Weden ist uns gnädig. Um 18 Uhr schließt er in diesen späten Apriltagen gewöhnlich die Tore an der Schleuse Wolfsbruch, doch mit uns hat er ein Erbarmen. „Ihr Landratten habt wohl keine Uhr auf dem Boot?“, ruft er uns freundlich zu und legt auch zehn Minuten nach seinem Start in den Feierabend noch einen Extra-Schleusengang für uns ein.

Langsam einfahren, anlegen, Taue verschnüren, durchatmen. Dann ein Bier aus dem Kühlschrank zum Dank für den netten Service und ab in die Charterbasis Marina Wolfsbruch. Denn es ist Zeit fürs Abendbrot. Und so ein Urlaubstag auf dem Wasser macht Hunger.

Nicht, dass Hausbootfahren anstrengend wäre. Aber auch purer Genuss und Nichtstun sorgen am Ende für einen leeren Magen. Obwohl wir praktisch mit einer schwimmenden Küche unterwegs sind: Die Ausstattung der meisten Hausboote, darunter Le Boat und Kuhnle-Tours, kommt einer Ferienwohnung nahe: Grill und Backofen sind genauso an Bord wie Kühlschrank und Mikrowelle.

Nicht zu vergessen die Heizung. Die kann man vor allem in der Nebensaison gut gebrauchen. Eine Zeit, in der man in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur preiswerter unterwegs ist, sondern auch ungestörter. Gerade im April und Oktober ankert man dann in vielen Buchten ganz alleine. Und Anlegeplätze, die entlang der Havel-Gewässer im Sommer oft überfüllt sind, warten in diesen Monaten förmlich auf Gäste.

In vielen Ortschaften können die Piers tagsüber kostenlos genutzt werden. Doch auch die Übernachtung ist nicht teuer: Sie kostet im Schnitt einen Euro pro Bootsmeter. Fragt man erfahrene Kapitäne, dann wird schnell klar: Die Havel-Gewässer Mecklenburg-Vorpommerns gehören zu den schönsten Hausbootrevieren in Europa. Und seit sie zum Großteil ohne Führerschein befahrbar sind, hat sich auf den Seen nördlich von Berlin ein wahrer Hausboot-Boom entwickelt.

Was könnte auch schöner sein, als gemütlich von Ort zu Ort zu tuckern, die Stille der Natur und die neue Art der Langsamkeit zu genießen? Maximal zwölf Kilometer pro Stunde – mehr ist mit Charter-Booten nicht drin. Und das ist gut so: Der Alltag wird radikal entschleunigt. Ob man will oder nicht.

Entsprechend überschaubar sind die Strecken, die wir in einer Woche auf den Seen und Kanälen zwischen der südlichen Müritz und dem brandenburgischen Templin zurücklegen: Maximal kommen wir auf 60 Kilometer, im Schnitt sind es allerdings nur 35 Kilometer pro Tag.

Dazwischen sind Ausflüge auf Spielplätze (der Nachwuchs muss sich autoben), kleine Federballrunden und Picknicks auf bunten Wiesen angesagt. Und natürlich Sightseeing. Etwa in Himmelpfort, wo nicht nur die Reste eines Zisterzienserklosters zu entdecken sind, sondern auch ein offizielles Büro des Weihnachtsmannes. Oder in Rheinsberg, dessen Schloss zu den Schätzen preußischer Kulturgüter gehört und durch seine malerische Lage am Grienericksee besticht. Und natürlich Templin, dessen Innenstadt inklusive mittelalterlicher Wehranlage wunderbar restauriert wurde. Und wo Angela Merkel 1973 ihr Abitur ablegte.
Matthias Gürtler
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