Spanien

Stadt der Liebenden

Albarracin klebt an einem Berghang.

Das spanische Teruel wird nicht nur von Hochzeitsreisenden geschätzt

Die Gedenktafel für Isabel und Juan Diego an der Kirche San Pedro. Fotos: aze

Zärtlich halten sich Isabel und Juan Diego bei den Händen - und das für alle Ewigkeit. Das Paar ist aus kühlem Alabaster modelliert und ruht in der Grabkapelle San Pedro. "Stadt der Liebenden" wird Teruel genannt. Was Romeo und Julia für Verona, sind Juan Diego und Isabel für die Stadt rund 300 Kilometer östlich von Madrid. Eine dieser alten Geschichten von unerfüllter Liebe und Tod, die sich im 13. Jahrhundert zugetragen haben soll. Wer heute die "Amantes de Teruel" bei den Füßen berührt, hat einen Herzenswunsch frei. Da wundert es nicht, dass das Grabmal zum Ziel vieler Hochzeitsreisenden geworden ist.

Aber Teruel ist nicht nur für seine Liebenden berühmt: Feinschmecker preisen den würzigen, in eisiger Winterluft getrockneten Schinken der Region. Vor allem aber prägen Bauten im wohl schönsten Mudejarstil ganz Spaniens die alte Bischofsstadt. Dieses Erbe arabischer Baumeister und Künstler mit überschwänglich filigraner Backstein-Ornamentik an Türmen und Kirchen bescherte Teruel die Anerkennung und den Schutz der Unesco als "Kulturerbe der Menschheit". Die hohen Zwillingstürme San Martin und El Salvador sind einzigartig in ihrem Formenreichtum. Letzteren kann man über 122 Stufen bis zu den Glocken hinaufsteigen und den Blick über die rote Dachlandschaft genießen.

Nicht minder berühmt ist die Kathedrale Santa Maria de Mediodia mit einem Turm aus goldfarbenem Ziegelstein und der geschnitzten und bemalten Deckentäfelung, einem Bilderbuch mit mittelalterlichen Szenen: Fabelwesen, Fratzen, Heilige und Persönlichkeiten der Stadt. Und wer ganz geduldig sucht, findet das beliebteste Motiv: ein Liebespaar in trauter Zweisamkeit.

Nicht weit von Teruel entfernt liegt die ebenfalls höchst romantische Sierra de Albarracin. Tiefe Schluchten, Bergwälder voller Hirsche und Wildschweine und glasklare Flüsse, in denen sich zahllose Forellen tummeln prägen das kleine Gebirge. Als wäre das Mittelalter in der Sierra hängen geblieben, klebt in luftigen 1.200 Metern Höhe das Städtchen Albarracin an felsigem Abhang über dem Rio Guadalviar. Eine wuchtige, zinnengekrönte Befestigungsmauer der einstigen arabischen Festung zieht sich weit den steilen Berg hinauf. Der ganze Ort, der seine Blütezeit im 12. und 13. Jahrhundert erlebte, steht unter Denkmalschutz. Im engen Auf und Ab der Gassen neigen die Häuser ihre Giebel ganz nah zueinander, an winzigen Plätzen zeugen stolze Palacios von Macht und Pracht der einstigen Herrscher.

Auf der kleinen Plaza Mayor mit rotem Rathaus, Arkaden und Holzbalkonen locken winzige Bodegas zu einem Gläschen Wein und Tapas: Häppchen vom würzigen Schinken, geräucherte Blutwurst und Krebse im Schlafrock. Eine ganz besondere Stimmung liegt kurz vor dem Sonnenuntergang über dem Städtchen, wenn die ockerfarbenen Mauern im Abendlicht rot erglühen. Bald erleuchten dann die Laternen an den Hauswänden nur noch spärlich die Gassen. Da würde es kaum verwundern, einem Nachtwächter mit Hellebarde zu begegnen, der die letzten Zecher zum Heimweg mahnt.
Monika Zeller
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