Spanien

Strände des Lichts

Richtung Afrika schauen und dabei einen Café Cortado trinken.

Zu den ruhigen Orten der Costa de la Luz

Jeden Vormittag hockt Pedro Perez auf einem hellblauen Holzstuhl, trinkt seinen Kaffee und schaut hinaus auf den Ozean. Über seinem Kopf ist als Dekoration ein Fischernetz auf Stelzen gespannt. Früher saß Pedro um diese Zeit oft alleine dort, manchmal zusammen mit ein paar Freunden. Heute hat er immer öfter Gesellschaft von Fremden, von Strandspaziergängern, die in "seinem" Café in Conil de la Frontera Station machen.

Pedro hat Besuch von Urlaubern, die nun wie er am Strand sitzen, den Wind spüren und gleichzeitig Richtung Afrika schauen möchten - und nebenbei einen Café Cortado trinken. Diesen Vormittag ist es ein wedelnder Hund, der kurz schauen kommt, wer es denn dort gerade genauso toll findet wie er, ehe er wieder zum Spielen in den Wellen verschwindet.

An der Mittelmeerküste Spaniens ist so etwas Vergangenheit - an der Costa de la Luz gibt es solche Cafés noch. Und einsame Strände, endlos lang, ewig breit, mit Dünen: Der Tourismus an den über zweihundert Kilometern dieser "Küste des Lichts" zwischen Gibraltar und der Grenze zu Portugal konzentriert sich bislang auf wenige Zentren. Abseits davon sind es noch immer nicht ausgeschilderte und oft schlaglochübersäte Stichstraßen, die ans Meer führen.

An der menschenleeren Playa de El Palmar steht diesen Nachmittag ein Pferd am Rand der Dünen und pflückt Strandhafer - ohne Sattel, ohne Zaumzeug. Irgendwer aus dem Dorf wird es dort geparkt haben. Dreihundert Meter weiter wartet eine verwaiste Eisbude - geöffnet nur von Juli bis Anfang September, wenn vor allem Spanier aus dem Norden hier sind, die die Costa de la Luz als sommerliches Ziel für den Inlandsurlaub entdeckt haben und manches fast verlassene Fischernest, manchen Strandabschnitt für ein paar Wochen aus der Stille katapultieren und zur Party-Zone verwandeln.

Am schönsten aber ist es in den vielen Monaten der Nebensaison, wenn es leer ist entlang der weiten Küste, der Wind die Dünen nach Lust und Launen neu sortiert und den salzigen Geschmack der Seeluft mit dem Duft der Orangen-, der Zitronenplantagen und der Erdbeerfelder des andalusischen Hinterlandes verquirlt. Und immer spielt das Licht hier eine besondere Rolle. Es spiegelt sich in den Wellen, in den Dünen zwischen den Pinien und in den Fassaden der weißen Dörfer. Es ist außergewöhnlich hell, und es scheint, als ob es stärker reflektiert als anderswo.

Manche Urlauber kommen wegen dieses besonderen Lichts, die meisten wegen der Strände, einige wegen des Windes. Der bläst viel stärker als an der Mittelmeerküste und schafft optimale Bedingungen für Wellenreiter und Kitesurfer, die hier zwischen den Dünen ihre Lenkdrachen präparieren, in deren Sog sie wenig später auf Brettern übers Meer rauschen. Aus ganz Europa reisen sie an, fahren mit ihren Wohnmobilen bis direkt an die Strände und campen im Sand.

"Nach Hawaii kommt man mit dem Auto nicht", lacht einer mit dänischem Nummernschild am Wagen. "Deswegen sind wir zum Surfen hierher gefahren. Der einzige Unterschied ist, dass man hier eine Schaufel braucht, auf Hawaii aber nicht." Er lacht wieder und schippt die Hinterräder seines VW-Bus frei. Wind und Sand versuchen in den nächsten Stunden erneut, die Stichstraße zum Leuchtturm von Cabo de Trafalgar bei Canos de Meca zu verschlucken, auf der der Däne parkt. Er wird wieder schaufeln müssen ...
Helge Sobik
Anzeige