Spanien

Ohne Hast und Hatz

Abendlicher Rummel in der Altstadt.

Pamplona: Die nordspanische Stadt ist mehr als der berühmte Stierlauf

Barkeeper in Pamplona. Fotos: mc

Pamplona und San Fermin. So untrennbar wie München und Oktoberfest. Und vermutlich fast so berühmt. Vor allem wegen der Stierhatz, bei der junge Männer mit Stieren um die Wette rennen. Ansonsten ist erstaunlich wenig über die nordspanische Stadt mit ihren knapp 200.000 Einwohnern bekannt. Dabei läuft in Pamplona (baskisch: Iruna) weitaus mehr als der Stierlauf. Die Kapitale der Provinz Navarra präsentiert sich als Charakterstädtchen - lebhaft, ausgehfreudig, selbstbewusst. Und als ein Stützpunkt der baskischen Kultur.

Wenn sich die Woche dem Ende neigt, fliegt die Kuh. Ganz ohne Stiere. Halb Pamplona scheint sich in der Altstadt aufzuhalten, der Casco Viejo. Schwatzen und debattieren, flirten und flanieren ist angesagt. Und natürlich der poteo, die in ganz Spanien beliebte Sitte von Bar zu Bar zu ziehen. Bis spät in die Nacht, ganz ohne Hast und Hatz.

Das Treiben setzt am Donnerstagnachmittag ein. Die Sonne brennt auf die Plaza del Costillo, den zentralen Treffpunkt. In den Gassen drumherum drängen sich die Massen. Es ist Tapastag. Für zwei Euro gibt es ein kleines Glas Wein sowie einen Snack. Mit ihren kleinen Köstlichkeiten geben sich die Wirte und Köche allergrößte Mühe. Das Resultat sind delikate Genussbissen. Ein regelrechter Wettbewerb tobt, der zu immer neuen Ideen inspiriert.

Streng genommen handelt es sich nicht um Tapas, sondern um Pinchos (baskisch: pintxos). So werden im Norden Spaniens aufgemotzte Häppchen genannt. Die leckeren Zutaten werden auf ein Stück Weißbrot gehäuft und gestapelt. Etwa Leberpastete mit Apfelmus und karamellisierten Zwiebeln. Oder Paprikaschote gefüllt mit Waldpilzen und Krabben.

Auch Jorge labt sich an den Leckerbissen. "San Fermin ist ein Handicap", sagt er. Ihn treffen wir in der Bar des edlen Restaurants La Cocina de Alex Mugica. "Die Stadt sollte auch andere Dinge vermarkten", meint er. Etwa die tollen Museen, die sehenswerte Zitadelle, die Kathedrale oder die imposante Stadtmauer. Diese Wehranlage, die murallas, umschlingt die Altstadt wie ein breites Geschenkband.

Um die paar Fiesta-Tage im Juli herum, so Jorge, hätten die Hotels eine Auslastung von hundert Prozent. Den Rest des Jahres im Durchschnitt nur dreißig. Aktionen wie der Tapastag seien willkommene Events, um Besucher auch zu anderen Jahreszeiten anzulocken.

Viele Nachtschwärmer putzen sich schick heraus. "Pamplona ist eine vornehme Stadt", erzählt Jorge. Doch unweit der feinen Bars und Restaurants gibt es eine andere Seite. Westlich der Kathedrale ist der Einfluss der baskischen Kultur nicht zu übersehen. Etwa in der Calle Navarrería. Die Szenerie wirkt unprätentiös und ungeschminkt. Auch ein bisschen herausfordernd.

Bunte Graffitis an den Häuserwänden und so manche Parole gegen die Staatsgewalt prägen das Bild. Aus den Bars dringt unkommerzielle Musik. Lässiger Look ist en vogue. Jogging-Hose statt Designerjeans, hier und da eine abgewetzt Baskenmütze. Viele Lokale sind in den Händen von Basken, was sich leicht an den vielen X und Ks in den Namen ablesen lässt.

Städtetouristen sollten sich aber kein X für ein U vormachen lassen: Der eigenwillige Mix aus nordspanischer und baskischer Kultur ist reizvoll und einen Besuch wert. Auch außerhalb von San Fermin.

Martin Cyris
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