Spanien

Atlantik für Feinschmecker und Wissbegierige

Küstenlandschaft bei Carnota, die Stadt mit dem längsten Strand Galiziens.

Galizien: Meerestourismus in Spaniens grünem Nordwesten

Meeresgärtner Marcos Vide erntet vor allem Herz- und Venusmuscheln. Fotos: cd

Der Nordwesten der iberischen Halbinsel beeindruckt nicht nur mit der Pilgerstadt Santiago, sondern auch mit fast 1.300 Kilometern Küste und mehr als 700 Stränden. Remedios Docil ist eine der Muschlerinnen in Lira, einem Ortsteil von Carnota, das über den längsten Strand Galiziens verfügt. Sieben Kilometer Sand, dahinter der Atlantik. Da, wo die weite Bucht endet, beginnen die Granitfelsen.

Docil darf pro Tag 50 Seeigel und maximal fünf Kilo der bei Feinschmeckern hochgeschätzten Percebes sammeln. Die Entenmuscheln wachsen da, wo der Ozean die Felsen nur für kurze Zeit freigibt. 13 Muschlerinnen gibt es in ‧Lira, die mit offizieller Lizenz an fünf Tagen der Woche zu Fuß unterwegs sind, um Meeresfrüchte zu ernten. Touristen können gegen geringe Gebühr dabei sein.

Dass Galizien ein Paradies für Meeresfrüchte ist, liegt vor allem daran, dass Muscheln am besten in einem Gemisch aus Salz- und Süßwasser gedeihen. Und dies ist in den Rias, tief ins Land reichenden Buchten, der Fall. Das gilt auch für die Miesmuschelzucht – Galizien ist nach China der weltweit zweitgrößte Produzent. 1950 installierte man in den Rias die Bateas genannten Flöße, wo die Muscheln an langen Seilen im Wasser wachsen. Mehr als 3.000 dieser Boote sind hier verankert, fast 12.000 Küstenbewohner leben davon. Fahrten zu den ‧Muschelflößen sind möglich.

Wer in den grünen Nordwesten reist, sollte Spanien-Klischees von Flamenco bis Sangria vergessen. Galizien betört mit Dudelsackmusik und Bauerngütern wie aus einem Historienfilm: Haus und Kornspeicher aus Granit gefügt, Hortensien vor den Fassaden, Kohl und Wein in den Gärten. Es gibt auch mitten im Sommer Regen und Nebel, Wälder aus Lorbeer, Eichen und Eukalyptus sowie üppig wuchernde Wiesenblumen.

Und Menschen, die ihre Schrebergärten im Watt haben. In Carril gibt die Ebbe den Meeresboden zwischen dem Küstenort und der unter Naturschutz stehenden, vorgelagerten Insel Cortegada frei. Sobald das Wasser abgelaufen ist, ernten hier Frauen und Männer in ‧abgesteckten Parzellen vor allem Herz- und Venusmuscheln. Einer dieser Meeresgärtner ist Marcos Vidal. Er steckt bis zu den Achseln im Gummianzug, zieht den Rechen durch den Schlick und kontrolliert die zusätzlich ausgelegten Reusen, in denen sich ‧Sepias und Seezungen finden.

Die Küstenlandschaft spendet ihre Schätze reichlich. Das Essen wird in Galizien in aller Regel günstig serviert. Zum Nachkochen gibt es Kurse, in denen man lernt, Tintenfisch mit Venusmuscheln zuzubereiten. Infos zu einzelnen Aktivitäten, die ab sechs Euro kosten, finden sich unter www.turgalicia.es, siehe Erlebnisse.
Claudia Diemar