Spanien

Das vergessene Eiland

In El Sabinar wachsen Wacholdergewächse mit bizarren Formen.

El Hierro: Die westlichste Kanareninsel ist reizvoll, aber wenig besucht

Bei El Golfo liegen auch die Meeresschwimmbäder von La Maceta.

Blick auf die Küste von El Golfo an der Nordwestseite der Insel. Fotos: cd

Warum man nach El Hierro reisen sollte? Der ehemalige Manager Peter Andermann, der seit acht Jahren auf der Insel lebt, fasst die Antwort in drei Worten zusammen: „Ruhe, Tauchen, Wandern!“ Unter den sieben Kanareninseln ist El Hierro mit knapp 270 Quadratkilometern die kleinste und der Vorposten, der sich am weitesten in den Atlantik hinauswagt. Einst verlief hier, am Faro de Orchilla, der von Ptolemäus festgelegte Null-Meridian, bevor er nach Greenwich verlegt wurde.

Ganze 1.328 Gästebetten zählt die Insel, davon gut 300 in Hotels, der Rest in Ferienwohnungen und -häusern. Für Ruhe ist auf El Hierro also gesorgt. Es sei denn, einer der vielen Vulkane rumort wieder einmal. Zuletzt war dies vom Herbst 2011 bis ins Frühjahr 2012 der Fall. Damals brodelte es vor der bei Tauchern beliebten Küste nahe La Restinga. Nach wochenlangen Schwarmbeben brach in einer Tiefe von mehreren Hundert Metern ein Unterwasservulkan aus. Monatelang wuchs der Vulkan, schleuderte Gestein in die Luft, erhitzte das Meerwasser und ließ es brodeln wie einen Jacuzzi. Der Vulkan tötete die gesamte Fischwelt rundum und schickte giftige Gase an Land, die zweimal zur Evakuierung des Fischerortes La Restinga führten. Bevor ein neues Eiland entstehen konnte, gab der Vulkan auf.

Heute ist alles ruhig zu Wasser und Lande vor El Hierro. Die Meeresfauna hat sich rasend schnell erholt, erklärt Tauchlehrer Inaki Cayon. Das erneut extrem klare Wasser gewährt freie Sicht etwa auf Orkas, Schnabelwale und Hammerhaie. Im Spätsommer 2012 wurde dann erstmals wieder ein Walhai gesehen, „ein Lottogewinn für Taucher“, meint Cayon. Der gebürtige Baske betont, dass die Unterwasserwelt vor El Hierro zu den schönsten Revieren der Welt gehört.

Wanderer werden ohnehin glücklich auf der Insel, die im Jahr 2000 von der Unesco zum Biosphärenreservat geadelt wurde. Drei Fernwanderwege sowie rund 30 kleinere regionale Pfade sind gut ausgeschildert und bieten auf knapp 300 Kilometern Touren-Angebote leichten und mittleren Schwierigkeitsgrades. Verlaufen kann man sich kaum, dazu ist die Insel zu klein und das nächste Dorf kommt schnell in Sichtweite. An zahlreichen Aussichtspunkten können auch Leihwagenfahrer spektakuläre Panoramen über die Insel genießen. Sandstrände gibt es hier freilich keine. Die einzige Ausnahme, die Playa del Verodal im Westen, hat extrem gefährliche Strömungen und ihr Zugang ist wegen Steinschlaggefahr gesperrt.

Trotzdem kann man auf El Hierro wunderbar und sicher im klarem Atlantik baden. Bei El Tamaduste zieht sich eine Bucht wie ein stiller Fjord ins Land und an zig Stellen gibt es Meerwasser-Pools. Manche sind von der Natur geschaffene Felsbecken, andere wurden kunstvoll angelegt und mit Badeleitern, Sonnenterrassen, Duschen und Toiletten versehen. Der Zugang ist überall gratis und die Seewasserbecken werden auch von den Einheimischen gern frequentiert.

Dass trotz solcher Lockungen die Gästeunterkünfte meist nur zu einem Drittel belegt sind, liegt an der schwierigen Erreichbarkeit. Der Fahrplan der Fähren, die zwei Stunden für die Strecke von Los Cristianos auf Teneriffa nach La Estaca auf El Hierro brauchen, wechselt ständig. Der Airport wird nur einmal täglich von Gran Canaria aus bedient. Von Teneriffa gehen drei bis vier Flüge am Tag – jedoch vom Nordflughafen Los Rodeos. Verbindungen zu anderen „kleinen Kanaren“ wie La Palma oder La Gomera, die ein reizvolles Inselhüpfen ermöglichen würden, gibt es nicht. Also wird El Hierro wohl weiter eine fast vergessene Insel mit intakter Natur bleiben.

Schöne Hotels und Apartments gibt es unter anderem bei Ibero Tours und dem Kooperations-Partner Thomas Cook Country & Style. Online ist die Insel unter www.elhierro.travel zu finden.
Claudia Diemar