Spanien

Mit dem Mountainbike zum Mond

Überreste von Siedlern mahnen zum Naturschutz.

Auf 2.000 Höhenmetern ist Teneriffa ruhig und grün

Schöner Kontrast zur kargen Küste: die kanarischen Kiefernwälder. Fotos: ck

Jeden Montag macht sich Mike auf den Weg zum Mond. Mit dem Fahrrad. Die Mountainbike-Touren, die der Norddeutsche im Süden Teneriffas leitet, führen nicht wirklich auf einen anderen Planeten. Aber zumindest auf die weiße Mondlandschaft, die sich in gut 2.000 Höhenmetern auf der Vulkaninsel auftut.

Den Großteil der Strecke dürfen wir glücklicherweise in einem Van zurücklegen, der sich in niedrigen Gängen die Serpentinenstraßen von den Hotels an der Costa Adeje nach Vilaflor, der höchstgelegenen Gemeinde Spaniens, quält. Hier, auf 1.400 Höhenmetern, steigen wir auf unsere Fahrräder um.

Zuerst fahren wir ein Stück die Straße hoch, dann überlassen wir die asphaltierten Strecken den Auto- und Motorradfahrern und biegen in einen Waldweg mit Steinen und Schotter ein. Zu Beginn ist es eben. Wir genießen den Panoramablick von der Baumgrenze hinunter auf die karge Südküste Teneriffas.

Langsam steigt die Strecke an, die im Anforderungsprofil des Anbieters Diga Sport mit zwei von drei Punkten für Fahrtechnik und Kondition als mittelschwer eingestuft wird. Das Vorwärtskommen wird schwerer, die Gänge niedriger, die Trittfrequenz höher. Und die Gruppe fällt auseinander. Doch auch auf den Letzten wird an jeder Weggabelung gewartet. „Wir fahren zusammen“, sagt Mike. „Jeder hat sein Tempo, und das respektieren wir.“

Nach der ersten Rast trennt sich dann aber doch die Spreu vom Weizen. Ein Viertel der Dutzend Fahrer traut sich die nun folgende, deutlich steilere Etappe zur „Mondlandschaft“ nicht mehr so recht zu und dreht stattdessen lieber eine Genussrunde.

Für uns Übriggebliebene geht es weiter hoch. Und bereits nach einer knappen halben Stunde sehen wir in der Ferne Vulkane mit schneeweißen Kraterrändern. „Das ist eine Art Bimsstein, entstanden aus Vulkanasche“, erklärt Mike zu unserer Verwunderung. Von Weitem sieht die Ablagerung aus wie Schnee oder Zuckerguss. Die ältesten Vulkane auf Teneriffa seien sieben bis neun Millionen Jahre alt, referiert unser Tour-Guide.

Ähnlich alt fühlen wir uns, wollen aber dennoch weiter. Das Feuer ist längst entfacht. Die Mühen des steilen Aufstiegs werden mit wunderbaren Ausblicken und Stille belohnt. Zarte Nebelschwaden ruhen in den Wipfeln des kanarischen Kiefernwalds Corona Forestal. Die Luft ist rein.

Angekommen auf 2.000 Höhenmetern, verändern sich Farbe und Beschaffenheit des Bodens: Die lose Lava in Kohleschwarz und Schieferrot hat die gleiche Wirkung wie weicher Sand. „Da muss man sich durchwühlen“, motiviert uns Mike. Aber als Nicht-Profi ist kein Durchkommen. Wir steigen ab und schieben ein paar Meter bis zum höchsten Punkt unserer Tour.

Gleich wird es zugig: Die Abfahrt steht bevor. Was entspannt klingt, erweist sich als anspruchsvolle Aufgabe. Im Stehen fahren wir bergab, bei immer wieder zunehmendem Tempo gilt es großen „Stolpersteinen“ auszuweichen, die das Rad blitzschnell zum Ausbrechen und uns zum Stürzen bringen könnten. Starkes Bremsen könnte fatal enden, am sichersten ist zügiges Tempo. Nach einigen Kilometern laufen wir in unserem Ziel ein: einer gemütlichen Bodega. Ein Gläschen Wein haben wir uns jetzt redlich verdient.
Christofer Knaak