Singapur

Singapur: Besuch aus dem Jenseits

Spukt es hier? Nächtlicher Ausflug auf den Friedhof von Bukit Brown. Foto: fh

Mit den Paranormal Investigators entdecken Besucher die geheimnisvolle Seite der Metropole

„Gibt es hier wirklich Geister?“ – Kenny Fong, Gründer der Singapore Paranormal Investigators (SPI) überlegt ein wenig, bis ihm die diplomatische Antwort über die Lippen geht: „90 Prozent aller übersinnlichen Phänomene können wir mit wissenschaftlichen Mitteln erklären. Der Rest? ...“, Kenny zuckt mit den Schultern.

Wissenschaftliche Forschung, genau das haben sich die SPI eigentlich auf die Fahnen geschrieben. Und Spaß. Denn mal ehrlich, es hat etwas Abenteuerhaftes, mit Nachtsichtbrille, Aufnahmegerät und anderem Schnickschnack à la MacGyver im Dunkeln durch Ruinen und verlassene Häuser zu kriechen.

Seit mehr als zehn Jahren spüren die Mitglieder der SPI dem Übersinnlichen nach, wann immer ihnen eine Erscheinung gemeldet wird. Und derer gibt es viele. Denn wenn die vielen Ethnien Singapurs eines gemeinsam haben, dann ist es der Glaube an Geister, Dämonen, Schattenwesen und zurückgekehrte Tote. Allen voran die Singapurianer chinesischen Ursprungs, immerhin 80 Prozent der Bewohner der Stadt.

Und die Geister haben es in sich: Wer sich nicht um das Wohlergehen der Verstorbenen kümmert, den Ahnen opfert und ihnen hier und da ein Taschengeld in Form von Totengeld zukommen lässt – die Überweisung erfolgt per Feuer – riskiert unliebsamen Besuch aus dem Jenseits.

Genau darum geht es auch beim öffentlichen „Spooky Walk“ zum Bukit Brown Friedhof: Ein Ausflug in die Welt der Geister. Nachts versteht sich. Wer hinter dem Begriff einen dick aufgetragenen Zinnober vermutet, irrt. Mit Badeschlappen, Taschenlampen und Trinkflaschen holen die SPI-Organisatoren an der U-Bahn Station Lavender ihre Kunden ab. Per gechartertem Bus geht es zum verlassenen Friedhof von Bukit Brown. Nicht wirklich stilecht, aber klimatisiert.

Draußen wartet ein zugegeben gruseliger, verlassener Friedhof. Längst hat der Dschungel das Areal wiedererobert: Schlingpflanzen würgen an den Grabsteinen, die Wege sind zugewuchert, der Boden bemoost und rutschig. Zwischendrin ein halb verfallener daoistischer Tempel. Im zitternden Schein der Taschenlampe erklärt Kenny die Bedeutung der einzelnen Elemente, während der Lichtschein über halb abgebrannte Kerzen und Reste von Totengeld huscht.

Geister sind an diesem Abend nicht unterwegs, unterhaltsam ist es trotzdem. Schon weil die SPI-Mitglieder mit spannenden Geschichten und Erklärungen glänzen, die garantiert nicht im Reiseführer stehen.

Die Teilnahme an den „Spooky Walks“ ist im Grunde ganz einfach: Auf der Website der SPI www.spi.com.sg werden die Termine und Inhalte der Exkursionen regelmäßig ausgeschrieben, eine Anmeldung per E-Mail genügt, bezahlt wird vor Ort. Gut besucht sind die Spooky Walks allemal, die SPI haben unglaubliche 30.000 Mitglieder. Welchen besseren Beweis gäbe es für die Existenz der Dämonen?
Françoise Hauser
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