Nicko Cruises erwägt Verfassungsbeschwerde

Nicko-Chef Guido Laukamp kritisiert vermeintliche Verantwortungen von Veranstaltern
Nicko-Chef Guido Laukamp kritisiert vermeintliche Verantwortungen von Veranstaltern. Foto: ck

Nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs zu kostenlosen Reisestornierungen aufgrund von Corona zieht Nicko Cruises nun eine Verfassungsbeschwerde in Betracht. Grund sind unter anderem die Risikoverantwortlichkeiten.

Wie der Stuttgarter Veranstalter in einer Pressemeldung mitteilt, wurde am Dienstag dieser Woche in Karlsruhe über Rücktritte von Pauschalreisen wegen der Pandemie verhandelt. In drei Fällen forderten Kunden eine kostenlose Stornierung ihrer Reisen, weil sie diese aufgrund der Pandemie nicht antreten wollten. Einer der Fälle betrifft eine Donau-Kreuzfahrt von Nicko Cruises.

Mit dem Urteil des BGH zeigt sich der Veranstalter nach eigenen Angaben unzufrieden. Denn: „Das Gericht hat hier gleich zwei vernünftige und objektive Prinzipien der Rechtsprechung erschüttert, nämlich die sogenannte ex ante Betrachtung und die Risikoteilung nach Verantwortungssphären“, kritisiert Nicko-Geschäftsführer Guido Laukamp.

Bei der ex ante Betrachtung geht es darum, ob zum Zeitpunkt der Stornierung durch einen Gast mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden konnte, dass zum Zeitpunkt der Reise im Zielgebiet unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen würden, die den Gast dann zu einer kostenlosen Stornierung berechtigten.

Prinzip auf dem Prüfstand

„Diese Prognosewahrscheinlichkeit ist das einzig mögliche Kriterium, denn niemand hat eine Glaskugel – obwohl es in unserem Fall darauf gar nicht ankam, wir sind ja gefahren“, sagt Laukamp. Der BGH sei sich bei dem ex ante Prinzip jedoch generell nicht mehr so sicher und habe diesen Sachverhalt und die damit verbundene Frage, ob es auch noch auf die Umstände ex post ankommen kann, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt, heißt es in der Mitteilung.

Im Falle von Nicko Cruises sei es dem höchsten deutschen Gericht jedoch um den speziellen Sachverhalt gegangen, dass die betroffene Kundin lungenkrank war. Der BGH befand, dass das Auftreten der Pandemie nach Buchung der Kundin einen Umstand darstellt, der das Gefährdungsrisiko in diesem individuellen Fall erhöht hat.

„Nicht nachvollziehbar“

„Ich kann nach wie vor nicht nachvollziehen, dass wir das Risiko einer Vorerkrankung eines Gastes tragen müssen – wir sind doch Reiseveranstalter und keine Versicherung! Und nicht einmal die Versicherung würde ein unbekanntes Risiko zeichnen, schließlich legt der Gast uns bei Buchung nicht seine Krankenhistorie offen“, ärgert sich Laukamp.

Er meint, „dass es bisher in der ständigen Rechtsprechung verbreitet und anerkannt war, die Risiko- und Einflusssphäre des Veranstalters von der des Kunden zu trennen“. Auch zu der vom Gericht bei seiner Entscheidung unterstellten räumlichen Enge auf Kreuzfahrtschiffen hat der Manager eine Meinung: „Offensichtlich waren die Richter noch nie zu Gast auf einem modernen Flusskreuzfahrtschiff – dort herrscht kein Gedränge, zumal unseres auf der betroffenen Abfahrt nur gut halbvoll war.“

„Kein verbraucherfreundliches Urteil“

Im vorliegenden Fall will Nicko Cruises nun zunächst einmal abwarten, bis die Entscheidungsgründe schriftlich vorliegen, erwägt jedoch die Anstrengung einer Verfassungsbeschwerde. Aus Sicht der Stuttgarter ist mit der Verschiebung von Risiken außerhalb der Verantwortungssphäre des Veranstalters zu dessen Lasten die Voraussetzung dafür gegeben.

„Im Übrigen ist das nicht einmal verbraucherfreundlich – für Stornierungen wegen Vorerkrankungen, für die sich der Gast ja nicht mehr versichern muss, werden dann letztendlich alle anderen Reisekunden mitbezahlen müssen“, so Laukamp.

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