Reisevertrieb

RTK-Datenskandal: TTS und Alpha machen Druck

Der Datenskandal von RTK und FTI zieht immer weitere Kreise. Foto: JuSun/istockphotos

Der Datenskandal von RTK und FTI zieht immer weitere Kreise. Foto: JuSun/istockphotos

Das Lachen ist ihnen inzwischen vergangen: QTA-Sprecher und RTK-Chef Thomas Bösl (vorn Mitte) Ende Oktober 2022 mit den Geschäftsführern der QTA-Mitgliedskooperationen. Foto: QTA

Das Lachen ist ihnen inzwischen vergangen: QTA-Sprecher und RTK-Chef Thomas Bösl (vorn Mitte) Ende Oktober 2022 mit den Geschäftsführern der QTA-Mitgliedskooperationen. Foto: QTA

Nach dem Geständnis der jahrelangen Lieferung von Reisebüro-Daten durch RTK an FTI fordern die Kooperationen TUI Travel Star (TTS) und Alpha mit Nachdruck eine lückenlose Aufklärung. Beide haben ein besonderes Interesse daran, ihren Reisebüros zu berichten, welche Daten in welcher Form und welchem Umfang an FTI gingen: Beide sind Joint-Venture-Unternehmen mit RTK. Und beide sind von den Daten-Leaks betroffen. 

Während TUI Travel Star zu 50 Prozent TUI gehört, ist Alpha seit Anfang 2020 zu 50 Prozent im Besitz von Schauinsland-Reisen. Erste Konsequenz bei TUI Travel Star ist, das Mitgeschäftsführer Lars Helmreich sein Amt bis auf Weiteres ruhen lässt.

RTK sogar mit eigener Projektgruppe

Helmreich war laut RTK verantwortlich für die Projektgruppe, die seit 2015 planmäßig und fortlaufend Daten von hunderten, wenn nicht gar von tausenden Reisebüros aus dem RTK-Umfeld für FTI aufarbeitete und zur Verfügung stellte.

Detailliert ging es um Umsatzdaten auf Reisebüro-, Veranstalter-, Hotel- und Destinationsebene.  Kundendaten wurden laut RTK „zu keinem Zeitpunkt“ übermittelt. Diese Aussage deckt sich mit einer ersten Untersuchung der Kanzlei CMS Hasche Sigle.

Alpha: „Hatten keine Kenntnis“ von den Vorgängen

Sowohl Alpha als auch TUI Travel Star wurden analog zur gesamten Branche von den Veröffentlichungen über den bayrischen Daten-Deal wie aus heiterem Himmel getroffen. „Wir möchten ausdrücklich betonen, dass die aktuelle Alpha-Geschäftsführung zu keinem Zeitpunkt Kenntnis von dieser Datenweitergabe gehabt hat und entsprechend auch keine Zustimmung für eine solche Datenweitergabe erteilt hatte“, hieß es kürzlich in einem Schreiben der Alpha-Geschäftsführer Albin Loidl, Detlef Schroer und Christoph Rische an ihre rund 600 Mitgliedsbüros.

Weiter heißt es: „Seien Sie versichert, dass bei Alpha das Thema Datensicherheit höchste Priorität hat und Alpha die vertraglichen Grundlagen zwischen RTK und Alpha bezüglich der Erstellung unter anderem von Umsatz- und Veranstalterstatistiken, Provisionshochrechnungen sowie die Abrechnung und Auszahlung der Superprovisionen zugunsten der Alpha-Kooperationsreisebüros vertraglich klar geregelt hat.“

RTK fungierte als Dienstleister

Der Hintergrund: Sowohl bei TUI Travel Star als auch bei Alpha agiert RTK bei diesem Thema als Dienstleister. Eine Datenweitergabe an FTI sei „selbstverständlich nicht durch diese Vereinbarungen gedeckt“, betonte Loidl nicht nur in dem Schreiben an die Mitglieder, sondern dieser Tage auch in einem Gespräch mit touristik aktuell.

Ihm zufolge hat RTK der Alpha-Verbund zugesagt, dass die Datenweitergabe Anfang März gestoppt wurde und Maßnahmen installieren wurden, „mit denen ausgeschlossen wird, dass eine solche Datenweitergabe sich jemals wiederholt“.

TUI Travel Star: Wilmsmeier führt alleine

Bei TUI Travel Star führt der Datenskandal dazu, dass Geschäftsführer Klaus Wilmsmeier bis auf weiteres die Kooperation allein führt. Unterstützt wird er durch den Bereichsleiter und Prokurist Hergen Syassen.

Wilmsmeier gesteht, dass das Bekanntwerden der Datenweitergabe in den TTS-büros „für große Verunsicherung“ sorge. Auf Anfrage von touristik aktuell sagt er: „Als Allianzpartner der RTK ist es unsere Erwartung, dass die Vorwürfe lückenlos aufgeklärt und aufgearbeitet werden. Dies haben wir gegenüber der Geschäftsführung der RTK deutlich zum Ausdruck gebracht!“ 

Über etwaige Konsequenzen aus dem Skandal wollen aktuell aber weder Wilmsmeier noch Alpha-Chef Albin Loidl spekulieren. Zunächst gelte es, „die Vorwürfe restlos aufzuklären“.

Auch weitere QTA-Partner betroffen?

Während RTK im Fall Alpha und TUI Travel Star zugegeben hat, dass Daten von Reisebüros dieser Kooperationen weitergegeben wurden, ist dies bei anderen Ketten und Kooperationen der QTA noch offen. RTK spielt innerhalb der größten Reisebüro-Allianz Deutschlands eine wichtige Rolle – und viele Branchenvertreter halten inzwischen für möglich oder sogar wahrscheinlich, dass RTK diese Situation ausnutze.

Insgesamt sei zu befürchten, dass keineswegs „nur“ die Umsatzdaten von Hunderten Reisebüros an FTI weitergegeben wurden, wie ursprünglich vom Handelsblatt vermutet. „Es handelt sich offensichtlich um die Daten tausender Büros“, so ein hochrangiger Vertriebs-Manager.

Wie das Joint Venture von RTK mit FTI, die Reisebüro-Kette TVG, mit der aktuellen Situation umgeht, wird sich spätestens Ende April zeigen: Dann treffen sich die Franchise-Büros der Marken Sonnenklar TV, Flugbörse und 5 vor Flug zu ihrer Jahrestagung im Creta Maris Resort auf der griechischen Ferieninsel Kreta. Allerdings ist die Ausgangssituation bei der TVG eine andere: Dass Daten von Reisebüros, deren Organisation zu 50 Prozent FTI gehört, auch für den Veranstalter einzusehen sind, dürfte wohl kaum überraschen. Es sei denn, die Verträge der Kette mit anderen Veranstaltern verbieten dies ausdrücklich.

Matthias Gürtler
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