Am 3. Juni wartet ein trauriger Jahrestag auf die Branche. Dann ist es genau ein Jahr her, seit Deutschlands drittgrößter Reiseveranstalter FTI Insolvenz anmelden musste. Die Insolvenz von Thomas Cook war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal knapp fünf Jahre her – dazwischen quälte Corona die Branche.
Rund 11.000 Mitarbeiter waren betroffen, Reisebüros hatten zum Teil sehr hohe Provisionsausfälle zu verkraften, Hotels und Incoming-Agenturen bleiben auf Rechnungen sitzen. Etliche Kunden kämpfen noch heute um ihre geleisteten Anzahlungen – ganz zu schweigen von den Baustein-Kunden, die ohne den Schutz einer Pauschalreise einzelne Leistungen bei FTI gebucht hatten und dieses Geld nicht erstattet bekommen. Dass sie Geld aus der Insolvenzmasse erhalten, ist eher unwahrscheinlich – ganz abgesehen von der Frage, ob sie Anspruch auf Erstattung haben.
Insolvenzverfahren „extrem komplex“
Zufrieden mit der Abwicklung der FTI Touristik GmbH und der Big Xtra Touristik GmbH ist unterdessen Insolvenzverwalter Axel Bierbach von der Münchner Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen. „Die Aufarbeitung dieses komplexen Insolvenzverfahrens schreitet zügig voran. Wir haben bereits wichtige Meilensteine erreicht“, so Bierbach heute während eines Pressegesprächs.
Der Haken: Die Prüfung von Forderungen zur Insolvenztabelle werde sich „angesichts der großen Zahl an Gläubigern noch über mehrere Jahre hinziehen“, so Bierbach. Damit können viele frühere Geschäftspartner von FTI und Big Xtra, vor allem Hoteliers und Incoming-Agenturen, bis auf Weiteres nicht mit Schadensersatz rechnen.
Voraussichtlich wenig Geld für Gläubiger
Viel Geld wird es ohnehin nicht geben: „Es ist jetzt schon absehbar, dass die Quote sehr gering ausfallen wird. Eine genaue Einschätzung ist aber erst nach Abschluss der Forderungsprüfung und der Vermögensverwertung möglich“, so Bierbach. Experten gehen von Entschädigungen im niedrigen einstelligen Prozentbereich aus – wenn überhaupt.
Für eine kleine Hoffnung sorgt die Tatsache, dass laut Bierbach ein großer Teil der operativen Geschäftseinheiten des Konzerns an strategische Investoren veräußert werden konnte, so etwa die Marke und Domains von FTI, die Markenrechte an der Flugbörse sowie die Domain Drive.de.
Im vorläufigen Insolvenzverfahren konnten zudem das Servicecenter Erf24, der Veranstalter Windrose Finest Travel, der IT-Dienstleister Anixe Polen, die Online-Reiseplattform 5 vor Flug, der 50-Prozent-Anteil an der TVG-Kette sowie die Anteile an der RT-Group veräußert werden.
Fortschritte beim Verkauf von Hotels
Auch von den einst 54 Hotels des Konzerns konnten einige veräußert werden. So wurden fünf der ehemals sieben im Eigentum von FTI stehenden Hotels in Italien, der Türkei, Griechenland und auf Malta erfolgreich verkauft – ebenso wie zwei gepachtete Hotels in Kroatien. Auch das Hotel-Joint-Venture in Marokko sowie ein Joint Venture an einer Sprachschule mit Boarding Hotel auf Malta wurden an neue Investoren übertragen. Für zwei FTI-eigene Hotels in Ägypten werde zeitnah eine Lösung erwartet, so Bierbach.
Gleiches gelte für den Verkauf gepachteter Hotels in Spanien und in der Türkei. Lediglich der Verkaufsprozess für den seit Jahren brachliegenden Hotelkomplex Stella Canaris auf Fuerteventura werde voraussichtlich erst 2026 oder 2027 abgeschlossen werden können.
Auch hier gilt allerdings: Die Erlöse aus dem Verkauf der Hotels lassen sich noch nicht definitiv beziffern. Gleiches gilt für mögliche Einnahmen aus dem Refund von Flug-Tickets. Der FTI-Ticketshop, der den Refund-Prozess durchführte, war nicht verkäuflich und musste inzwischen, ebenso wie seine ausländischen Tochtergesellschaften, liquidiert werden. Die Technik übernahm jüngst die Reisebüro-Kooperation Schmetterling für den eigenen Consolidator.
Den Reise-Shopping-Sender Sonnenklar TV hatte FTI schon vor der Insolvenz an die RT Group verkauft. Durch die vollständige Übernahme der Reisebüro-Kette TVG durch die RT Group rückte der Sender noch enger mit der Franchise-Kette Sonnenklar TV Reisebüro zusammen.
Forderungen von fast einer Milliarde Euro
Bierbach zufolge haben bisher mehr als 73.000 Gläubiger Forderungen in einer Gesamthöhe von knapp 980 Millionen Euro angemeldet. Die Forderungsprüfung findet in mehreren Terminen, mindestens noch über das gesamte Jahr 2025 hinweg, statt. Gläubiger können ihre Forderungen während der gesamten Verfahrensdauer anmelden. Für Anmeldungen, die nach den Prüfungsterminen eingehen, wird eine Nachmeldegebühr erhoben.
Diejenigen Gläubiger, die ihre Erstattung nicht vom DRSF erhalten, bittet der Insolvenzverwalter erneut, ihre Forderungen über das Verfahrensportal fti-inso.de anzumelden. Dort können sich die Gläubiger auch jederzeit über den aktuellen Stand ihrer Forderungen informieren.
Für Kundenanfragen zu den Forderungsanmeldungen stehen die Kontaktadressen insolvenz(at)fti-inso.de (anstatt wie bisher insolvenz@fti.de) und fti(at)mhbk.de sowie die Hotline-Nummer +49 89 2525 4000 zur Verfügung.
FTI-Zentrale: Noch 40 Mitarbeiter vor Ort
Bis Ende 2024 waren in der Münchner FTI-Zentrale noch mehr als 120 Mitarbeiter beschäftigt, derzeit arbeiten noch rund 40 Beschäftigte mit dem Kanzlei-Team an der Abwicklung des Konzerns mit. Die meisten der rund 800 Beschäftigten, die zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags im Veranstaltersegment von FTI gearbeitet haben, haben Bierbach zufolge inzwischen einen neuen Job gefunden.